Zwei Jahre nach dem Ende der KBT-Forschungswerkstatt fand am 28. und 29. Februar 2020 zum ersten Mal eine KBT-Zukunftswerkstatt in der Rhein-Klinik in Bad Honnef statt.

      1.     Vorbereitung

Bereits seit Sommer 2018 hatte sich zur Vorbereitung der ersten Veranstaltung dieses Formates eine zunächst 5-köpfige „Arbeitsgruppe Zukunftswerkstatt“, bestehend aus Andrea Balcerzak, Susanne Anna Kümmel, Tatjana Pannek, Henrik Süß und Susanne Wagner, getroffen. Tatjana Pannek schied im November 2019 aus der Gruppe aus.

Schon bei den ersten Treffen wurde deutlich, dass die Herausforderungen, vor denen der DAKBT als Verein, aber auch die einzelnen Mitglieder in ihrer Eigenschaft als Therapeut*innen künftig stehen werden, vielfältig sind. So gehen immer mehr Kolleg*innen in den Ruhestand; darunter sind viele, die sich in besonderer Weise für den Verein und die KBT als Methode engagieren, wie im Rahmen einer Lehrbeauftragung und/oder in anderen Ämtern und Gremien. Zunehmend wird deutlich, dass es für diese Aufgaben an motiviertem Nachwuchs fehlt. Veränderungen gibt es auch außerhalb des Vereins, wie die zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens und die geplanten Änderungen am Heilpraktikergesetz. Sie stellen die KBT in Deutschland bereits heute vor die Notwendigkeit, altgediente Konzepte zu verteidigen oder möglicherweise anzupassen und sich (neu) zu positionieren. Darüber hinaus fordert der gesellschaftliche Wandel, beispielsweise durch die Digitalisierung, Antworten von der KBT als Methode und nicht zuletzt auch vom Verein im Bereich der internen Kommunikation und der Außenwirkung.

Die Arbeitsgruppe machte sich im Hinblick darauf zum Ziel, den Mitgliedern des DAKBT einen Rahmen zur Ermittlung des Status quo, Raum zur Ideenfindung und eine Plattform für erste Schritte der Weiterentwicklung ihres Vereins zu geben.

Das Veranstaltungsthema sollte lauten:

„Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Generationenwechsel im DAKBT“

Nach der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Partizipationsmethoden entschied sich das Vorbereitungsteam für die Methode „Zukunftswerkstatt“ nach Jungk, Lutz und Müllert als Tagungs- und Moderationsformat. Die Übereinstimmung in der Bezeichnung der Methode und dem Namen der Arbeitsgruppe ist dabei rein zufällig!

In zahlreichen Gremientreffen und Telefonkonferenzen entstand durch intensive Einarbeitung in die Methode und deren Anpassung an unsere KBT- und vereinsspezifischen Gegebenheiten ein umfassendes Tagungskonzept. Auch ein Referent zum Thema Generationenwechsel in Vereinen konnte nach langer Recherche gefunden werden.


      2.     Die Zukunftswerkstatt am 28./29. Februar 2020

Die Zukunftswerkstatt begann mit der Begrüßung durch den ärztlichen Direktor der Rhein-Klinik, und durch Ute Backmann für den Vorstand des DAKBT.

Andrea Balcerzak führte als Mitglied der AG Zukunftswerkstatt und Mitarbeiterin der Rhein-Klinik in die organisatorischen Gegebenheiten und Besonderheiten der Tagung ein.

      2.1.  Vortrag Zwischen Bewahren und Veränderung - Gelingensbedingungen für den
              Generationenwechsel

Susanne Wagner stellte Stephan Bock, den Referenten für den Einführungsvortrag zur Werkstatt, vor. Als Kulturmanager und systemischer Supervisor (DGSv) hat er einen großen Erfahrungsschatz in der Begleitung von Veränderungsprozessen in Organisationen und Vereinen im Bereich Soziokultur.

Den Fragen aus dem Titel unserer Zukunftswerkstatt „Wo stehen wir – wo wollen wir hin?“ fügte er gleich zu Beginn seines Vortrages eine weitere hinzu: „Woher kommen wir?“
Er verwies damit auf die Notwendigkeit, bei allen anstehenden Veränderungen den Blick auf die Wurzeln nicht zu vergessen und verbildlichte dies mit der Darstellung des Stammbaumes der KBT, beginnend bei Elsa Gindler.

Der Bestimmung der Begriffe 'Generation' und 'Generationenwechsel' folgte eine Skizzierung des langjährigen Arbeitsfeldes des Referenten, der Soziokultur. Diese entstand in den 70er Jahren als Gegenentwurf zur staatlich organisierten 'Hochkultur' für Eliten, als 'Kultur von unten' und 'Kultur für alle' in ehrenamtlicher Selbstverwaltung.

Im Weiteren verglich Bock die weiblich geprägte KBT mit der eher männlich geprägten Soziokultur und zitierte dabei mehrfach aus der Festschrift zum 40-jährigen Jubiläum des DAKBT. Er fand sowohl in der Entstehung als auch in der weiteren Entwicklung beider Felder Parallelen. Von anfänglicher Vielfalt, von Visionen und freiem Experimentieren in den 70er Jahren sei es in beiden Bereichen zunehmend zu Formalisierung und Institutionalisierung gekommen. Dies sei ein Spannungsfeld, in dem sich KBT und Soziokultur bis heute bewegten. Bock verwies diesbezüglich auf Helmuth Stolzes Einwände gegen die „Formalisierung des therapeutischen Prozesses“ im Zuge der Vereinsgründung des DAKBT.

Er lobte die kontroverse Diskussionskultur im DAKBT ausdrücklich und strich diese als wesentliches Merkmal für die Lebendigkeit eines Vereins heraus, die es weiterhin zu erhalten gelte. Zwar biete die basisdemokratische Organisationsform „Verein“ die beste Möglichkeit, freies Denken und feste Strukturen unter einem Dach zu vereinen, sie stehe aber insbesondere in der heutigen Zeit zunehmend vor der Herausforderung, dass nur wenige sich auf Dauer für ein zeit- und energieaufwändiges Ehrenamt neben ihrer Berufstätigkeit entscheiden. Im Hinblick darauf regte er an, auch über zeitlich begrenzte Kollaborationen und Kooperationen nachzudenken.

Anschließend befasste sich Bock eingehend mit der Gestaltung von Generationenwechseln, dem „Change-Management“. Generationenwechsel seien dadurch gekennzeichnet, dass Menschen aus unterschiedlichen Altersgruppen und damit auch mit unterschiedlicher generationaler Prägung, also altersspezifischen Werten, Erfahrungen und Bedürfnissen, auf einander treffen. Für den Wechsel seien Vertrauensbeziehungen zwischen den Altersgruppen dringend notwendig, innerhalb derer Differenzen gegenseitig anerkannt werden müssen. Es bestehe ein Spannungsverhältnis zwischen Innovation auf der einen und Tradition auf der anderen Seite. Für einen gelingenden Generationenwechsel, der die Existenz einer Organisation und auch den Transfer von Wissen sichert, sei es notwendig, beides zu verbinden. Bock zitierte Gertrud von Peschke, die sich zu den „geborenen“ KBT-Lehrbeauftragten der ersten Generation zählte, im Gegensatz zu den „gelernten“ Lehrbeauftragten späterer Generationen. Im Hinblick auf einen gelingenden Generationenwechsel im DAKBT regte er an darüber nachzudenken, ob und wie es möglich sein könnte, dass auch spätere Generationen zu „Geborenen“ werden könnten. Darüber hinaus sei es wichtig zu klären, wer die Deutungshoheit über die Methode innehat, wieviel Offenheit für Innovation besteht, welche Handlungsspielräume und Grenzen es für eine Weiterentwicklung gibt und wie Aufbruchsstimmung im DAKBT erzeugt werden könnte.

Von besonderer Bedeutung sei es zudem, sich klar darüber zu werden, welches Alleinstellungsmerkmal die KBT und der DAKBT haben. Er schlug vor, sich dazu folgende Fragen zu beantworten:

1. Stellen sie sich vor, KBT hätte auf breiter Ebene Erfolg; wie würde unsere Gesellschaft in zehn oder zwanzig Jahren aussehen?
2. Warum ist die Konzentrative Bewegungstherapie so wichtig und sinnvoll? Was kann sie bewirken und verändern; bei den einzelnen Menschen, aber auch in der Gesellschaft, im Gesundheitswesen?

Abschließend merkte er an, dass es auch lohnenswert sein könnte, über die Präsenz der KBT in den sozialen Netzwerken nachzudenken.
Der Vortrag fand breiten Zuspruch bei den Teilnehmer*innen, insbesondere, weil der Referent sich sehr intensiv in die Geschichte der KBT und die Strukturen unseres Vereins eingearbeitet hatte. Es schloss sich eine lebendige Frage- und Diskussionsrunde an, die dann in eine Pause mündete.


      3.     Arbeit in der Zukunftswerkstatt

Nach der Pause präsentierte Henrik Süß Daten und Zahlen zum DAKBT, die den anstehenden Generationenwechsel verdeutlichten. Das Eintrittsalter neuer Mitglieder liegt konstant über 40 Jahren. Die meisten Gremienmitglieder und Lehrbeauftragten finden sich unter den über 60-jährigen. Es zeigte sich außerdem, dass viele Mitglieder dieser Altersgruppe nicht nur ein, sondern mehrere Ämter innehaben.

Susanne Anna Kümmel skizzierte anschließend den Prozess der AG Zukunftswerkstatt vom Beginn bis zum Zeitpunkt der Veranstaltung. Nachfolgend führte sie in die Methode Zukunftswerkstatt ein, die sich in drei Phasen gliedert:

      1.     Beschwerde- und Kritikphase
      2.     Fantasie- und Utopiephase
      3.     Realitäts- und Verwirklichungsphase

Die Phasen verlaufen jeweils nach dem Prinzip eines Trichters: Zunächst wird in Kleingruppenarbeit eine Vielfalt an Ideen und Gedanken gesammelt, der Trichter ist weit. Die Gedanken werden im Plenum sortiert und zu Rubriken zusammengefasst, mit denen dann wieder weitergearbeitet wird, sodass der Trichter sich verengt. Für jede Phase gelten besondere Regeln, die verhindern sollen, dass die Teilnehmenden sich in Diskussionen verzetteln.

Nach ausführlichem Input konnte mit dem Beginn der Beschwerde- und Kritikphase nun der Einstieg in das eigentliche 'Werken' erfolgen. In sechs Kleingruppen, die in verschiedenen Gruppenräumen der Rhein-Klinik Platz fanden, sollte folgende Kritikfrage bearbeitet werden:

Welche Probleme siehst du für die KBT in der Zukunft und welche Ängste hast du, wenn du an den Generationenwechsel im DAKBT denkst?

Die Ergebnisse sollten stichpunktartig auf A4-Blättern festgehalten werden. In der anschließenden Plenumsrunde wurden die Blätter dann auf dem Boden ausgelegt und gemeinsam sortiert. Auf diese Weise konnten sogenannte 'Kritikrubriken' entstehen.

ZuWe 2020 Rubizieren klein

Kritik, Probleme und Ängste gestalteten sich vielfältig: Die Angst vor dem Verlust des Erfahrungswissens in der Zukunft, die finanzielle Belastung während der Weiterbildung, der geringe Einfluss und der unklare Platz der KBT in der deutschen Psychotherapielandschaft, die mangelnde Präsenz in sozialen Netzwerken und neuen Medien, die fehlende Bereitschaft der jungen Generation bei der Ämterübernahme, die Angst vor der Abschaffung des Heilpraktikerberufes und vieles mehr.
Die Teilnehmer*innen waren nun aufgefordert, sich die Rubrik auszusuchen, die bei ihnen das größte Interesse zur Weiterarbeit weckte. Auf diese Weise entstanden wieder sechs Kleingruppen, diesmal jedoch in anderer Zusammensetzung als in der ersten Runde.

Nach einer Pause ging es für die Kleingruppen darum, in einem Experiment Probleme und Kritik für den restlichen Tag abzuschütteln.
Sie erhielten die Aufgabe, ein rohes Ei so zu verpacken, dass es von einem Balkon im 2. Stock geworfen werden konnte, ohne dabei zu Bruch zu gehen. Jede Gruppe bekam dazu eine Tüte mit einer Rolle Tesafilm, 4 Meter Paketschnur, 2 Luftballons und 2 Bögen A3-Papier.
Es entstanden sechs sehr unterschiedliche Lösungen für das 'Eierproblem'. Jede Gruppe wurde auf ihre ganz eigene Art kreativ. Der Höhepunkt war schließlich, die Eier vom Balkon eines Nebengebäudes fallenzulassen.
Vier Eier überstanden das Experiment am Abend unbeschadet, nur zwei Eier gingen zu Bruch. (Am nächsten Morgen stellte sich jedoch heraus, dass ein Ei, das in Tesafilm verpackt war, den Aufprall auf dem Boden doch nicht so heil überstanden hatte, wie noch am Abend vermutet.)

Nach dem Experiment war es Zeit für das gemeinsame Abendessen von einem reichhaltigen Buffet. Wer anschließend noch Lust hatte, konnte den Abend im Gewölbekeller der Rhein-Klinik bei Musik und Tanz ausklingen lassen.

      3.2.    Fantasie- und Utopiephase

Am Samstagmorgen hatten die am Vortag gebildeten Kleingruppen hatten jetzt die Aufgabe, die zu ihrer Rubrik gehörigen Kritikpunkte ins Gegenteil zu verkehren, also verbal positiv umzuformulieren. Inspiriert durch diese positiven Sätze sollte im Anschluss durch Malen und Basteln ein gemeinsames visionäres Gruppenbild gestaltet werden. Es entstanden sechs wunderbare, bunte und fantasiereiche Werke, die dann im Plenum ausgestellt wurden.

In der sogenannten 'Brainwriting-Runde' ließen die Teilnehmer*innen die Bilder der anderen Gruppen auf sich wirken. Dabei entstehende Ideen, Gedanken und Assoziationen wurden auf Metakarten geschrieben und dazu geheftet.

ZuWe 2020 Baum Wurzeln Herz

Anschließend fanden sich die Kleingruppen wieder, um die Kommentare zu ihren Bildern zu begutachten und sich zwei Favoriten auszusuchen. Die beiden Favoriten und das Bild sollten dazu dienen, utopische Wünsche 'auszuspinnen'. Dabei waren der Fantasie keine finanziellen, politischen, räumlichen, zeitlichen oder andere Grenzen gesetzt. Alle Ressourcen der Welt sollten zur Verfügung stehen. Die auf diese Weise entstandenen Visionen wurden wieder auf einzelnen Bögen stichpunktartig festgehalten, die im Plenum gesammelt und in Rubriken einsortiert wurden. Hier ein paar Beispiele der 'ausgesponnenen' Fantasien und Utopien für die Zukunft:

  • 'Das 5000. Mitglied im DAKBT wird gefeiert'
  • 'KBT als Lehre vom Leben'
  • 'Alle KBT-Kassenplätze sind ausgebucht – Kostenloser Zugang zur KBT für alle' 
  • 'KBT-Hochschule (mit Stipendium)' 
  • 'Verbundenheit im Wesentlichen'

Ein weiteres Mal wählten die Teilnehmer*innen die Rubrik, mit der sie gerne weiterarbeiten wollten; zum letzten Mal entstanden Kleingruppen in neuer Zusammensetzung, diesmal vier.


      3.3.    Realitäts- und Verwirklichungsphase

Nach einer Kaffeepause war es Zeit für den Übergang in die Realitäts- und Verwirklichungsphase. Die Gruppen bekamen die Aufgabe, die Utopien ihrer Rubrik zu deuten und sie diesmal in die Realität zu übersetzen. Als Zwischenschritt formulierten sie dann Forderungen mithilfe folgender Fragen:

Was müsste geschehen, damit die Wünsche in der Realität umgesetzt werden könnten? Welche Voraussetzungen müssten geschaffen werden und von wem? Was müssten wir von uns selbst fordern?

Im letzten Schritt ging es darum, eine der Forderungen auszuwählen, und dazu erste Projekt- oder Konzeptumrisse zu erarbeiten.


      4.      Projektvorstellung

Das Abschlussplenum bot das Forum für die Vorstellung der vier entstandenen Projekte.

Die erste Gruppe entwickelte den Plan für einen Talentschuppen für die Gremienarbeit auf der nächsten Jahrestagung, um mehr Mitglieder für die Gremienarbeit zu interessieren und zu generieren. Die Mitglieder sollen dabei die Möglichkeit erhalten, ihre individuellen Fähigkeiten herauszufinden, die sie für die Arbeit in einem Gremium qualifizieren. An runden Tischen sollen die „erfahrenen“ Gremienmitglieder für Fragen zur Verfügung stehen. Auch die Möglichkeit zur Hospitation in den Gremien soll gegeben werden.

Die nächste Projektgruppe schlug unter dem Titel KBT FOR YOU! die Bildung einer AG YouTube vor, die in Zusammenarbeit mit der AG Öffentlichkeitsarbeit und einem YouTube-Profi störungsspezifische Mini-Filme anfertigt. Die Bereitschaft zur Mitarbeit unter den Mitgliedern soll bis Ende Mai abgefragt werden. Der Beschluss zur Einrichtung der AG soll dann auf der Jahrestagung gefasst werden.

Unter dem Titel Zukunft jetzt! skizzierte die dritte Gruppe ein Projekt zur Entwicklung von berufsspezifischen Fortbildungen und Selbsterfahrungsangeboten auch für Berufsgruppen außerhalb des klinischen Bereiches. Dazu sollen in berufs- und zielgruppenorientierten Treffen auf der Jahrestagung fachspezifische Fortbildungsmodule entwickelt werden.

Die vierte Projektgruppe erarbeitete ein Konzept, um Austausch über das Wesentliche zu organisieren. Sie schlug einen weitreichenden Diskurs über das Alleinstellungsmerkmal der KBT, zur KBT passende Theorien und zur Entwicklung von KBT-spezifischen Leitsätzen vor. Ursprünglich hatte die Gruppe die Idee, die Jahrestagung 2021 für dieses Projekt zu nutzen. Da diese aber gemeinsam mit dem ÖAKBT in Salzburg stattfinden wird, kam aus dem Publikum der Vorschlag, das Projekt im Rahmen einer Zukunftswerkstatt aufzugreifen.

Auf die Präsentation der Projekte folgte eine abschließende Feedbackrunde. Nach dem Vorbild der Jahrestagung 2019 konnten die Teilnehmer*innen ihr Feedback auf aufgestellten Plakaten festhalten.

Die erste KBT-Zukunftswerkstatt endete mit einer reichen Ernte an neuen Eindrücken und spannenden Projekten, deren erste Schritte bereits geplant sind und zum Teil schon gegangen wurden. Die Werkstatt war ein voller Erfolg, der Lust auf die Fortsetzung dieses Tagungsformates macht.

AG ZuWe 2020 klein

Foto AG: v.l.n.r. Susanne Anna Kümmel, Andrea Balcerzak, Susanne Wagner, Henrik SüßSusanne Wagner

Rosemarie Gässler, KBT-Kollegin aus München, berichtet in dem aktuellen Artikel in der Zeitschrift „körper – tanz - bewegung“ (ktb) über ihre Erfahrungen in der körperpsychotherapeutischen Gruppenbehandlung bei Somatisierungsstörungen im Rahmen einer kontrollierten randomisierten Pilotstudie. In der Studie wurde die körperpsychotherapeutische Behandlung gemäß einem Manual verglichen mit einer Kontrollgruppe mit üblicher Behandlung. Die Patienten akzeptierten die Behandlung gut, somatischen Beschwerden nahmen in der Behandlungsgruppe signifikant ab. Alle Teilnehmer wünschen sich am Ende eine Fortsetzung der Behandlung.

Frank Röhricht, Rosemarie Gässler (2020) Manualisierte Gruppen-Körperpsychotherapie bei Somatisierungsstörungen. körper – tanz – bewegung 8. Jg., S. 51–60

Link zum Abstract

 


 

Homepage Foto Buchbesprechg Schreiber 2020
In Fenster meines Lieblingsbuchladens lag das Buch am Frauentag im Schaufenster. Von Carola Spitz (später Speads) hatte ich schon gehört, aber ihre Biografie war neu für mich. Als Tochter aus wohlhabendem jüdischen Hause in Berlin entschied sich die 1901 geborene gegen einen Studienabschluss, und für eine Gymnastikausbildung.

Sie lernte Elsa Gindler kennen und wurde ihre Mitarbeiterin. Die Gymnastikbewegung des jungen Jahrhunderts war vor allem von Frauen entwickelt worden, die das richtige Atmen und das bewusste Spüren des Körpers als weibliche Körperpraktiken verstanden und sich gegen den männlich dominierten Sport wandten.

Der Autor beschreibt vorsichtig und genau, wie sich aber auch manche Strömungen der Lebensreformbewegung mit den Nazis verbanden, die Gymnastik als rassische Ertüchtigung verstanden. Carola Spitz war wohl kein politischer Mensch, er beschreibt sie als „elitär, eskapistisch und konsequent unpolitisch“. Sie durfte nach 1933 keine nicht-jüdischen Schülerinnen mehr unterrichten, und schaffte es gerade noch, mit ihrem begüterten Ehemann und Zigarettenfabrikant über Frankreich nach New York zu emigrieren.

Dort führte sie am Central Park ihr „Studio für körperliche Umerziehung“ und bewahrte dort ihre Atem-Arbeit bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Die Achtsamkeit, die in den frühen Berliner Jahren noch subversiv und feministisch war, diskutiert Christoph Ribbat als heute in Verruf geratenes Element des Neoliberalismus zur Stressregulation.

Das Leben von Carola Spitz ist ein Beispiel für die Verwerfungen des 20. Jahrhunderts zwischen großen Privilegien und völliger Entrechtung und auch eine Geschichte des Verschweigens. Sie habe nie darüber gesprochen, dass ihre Mutter und ihr Bruder in Auschwitz umgebracht worden sind. Aber Carola Spitz hat es auch geschafft, 1937 durch beherztes Auftreten ihren Mann aus der Haft in Berlin zu befreien.

Sie war Kollegin und Konkurrentin von Charlotte Selvers, ebenfalls aus der Gindler-Schule nach New York geflohen, die Anschluss an die amerikanische New Age Bewegung fand, auch am Esalen-Institut in Kalifornien unterrichtete und ihre Methode „sensory awareness“ nannte und weiterentwickelte. Das Buch von Carola Speads „Atmen“ von 1983 ist nur noch antiquarisch erhältlich.

Die Biografie von Christoph Ribbat ist für KBTler*innen unbedingt lesenswert. Sie zeigt uns liebevoll und kritisch etwas von den Wurzeln unserer Methode auf. Und sie macht in Zeiten von Corona nachdenklich, ob in der KBT-Stunde die Zentrierung auf Atem und Körperwahrnehmung ein Ausweg sein kann, wenn Kontakt und Nähe aus gesundheitlichen Gründen zurzeit nicht sein darf.

Karin Schreiber-Willnow 19.3.2020

 


 

In der diesjährigen Modulreihe wenden wir uns den „starken“ Gefühlen der Lust, der Wut, des Schmerzes und der Angst zu, die uns (un-)bewusst in unseren Motiven, Beziehungen und Handlungen leiten.

neuer Termin: Modul 2: Ärger, Wut und Zorn: verlegt vom 19./20.06. auf den 27./28.11.2020

Flyer ASH 2020 1

Flyer ASH 2020 2

Weitere Informationen:

https://www.dakbt.de/weiterbildung/fort-und-weiterbildungstermine/theorie-praxis-seminare/393-kbt-seminarreihe-im-weiterbildungsprogramm-der-alice-salomon-hochschule-2020

Anmeldeformular:

https://www.ash-berlin.eu/weiterbildung/zentrum-fuer-weiterbildung/kurssuche/einzelansicht-kurs/?atyp=sr&uid=R01.20

 


 

Die 1. KBT-Zukunftswerkstatt findet vom 28. bis 29. Februar 2020 in der Rhein-Klinik in Bad Honnef statt.

Das Programm finden Sie hier.

 


 

Liebe Teilnehmende der letzten Jahrestagung, liebe an der Jata interessierte KBT’ler,

jede Tagung braucht einen guten Abschluss, eine Möglichkeit, all dem, was während der Tagung erlebt, gedacht, erfahren, neu hinzugewonnen… wurde, innerlich einen Platz zu geben, oder, um es moderner zu sagen (schließlich ging es ja um Digitalisierung), eine Möglichkeit zu erhalten, alles Wichtige in die richtige Datei abzulegen, so dass man es auch wieder findet, wenn man darauf zurückgreifen möchte oder daran weiter arbeiten möchte.

Die Vorbereitungsgruppe der Jata und ich hatten uns deshalb ein neues Format für den Abschluss ausgedacht.

Wir haben die Teilnehmer*innen eingeladen, sich in kleine Gruppen zusammen zu tun, sich vor einem Flipchart zu versammeln und miteinander zu überlegen

„Was hat mich auf dieser Jata erreicht/berührt?“ und diese ganz subjektiven Ergebnisse auf das jeweilige Flipchart zu schreiben.

In einer zweiten Runde ging es dann darum, sich darüber Gedanken zu machen, was man/frau in seine KBT-Praxis mitnehmen möchte oder mitnehmen wird.

Dazu gab es Flips, auf denen die Frage stand:

„Was ich in meine (KBT-)Praxis einfließen lasse, ausprobiere…“

Auf einem dritten Flip hatten die Teilnehmer*innen die Möglichkeit zum Ausdruck zu bringen, was ihnen wichtig ist zu sagen. Die Frage auf dem Flip lautete dementsprechend:

„Was ich noch gerne sagen möchte“.

Was hat dich berührt JaTa 2019
Was ich in Praxis einfließen lasse JaTa 2019
Was ich noch sagen wollte JaTa 2019

Die Antworten zu diesen Fragen liegen nun vor mir und somit die Herausforderung, aus diesen ja sehr subjektiven Aussagen diejenigen Gedanken herauszufiltern, die auch für (alle) andere(n) und/oder den Verein relevant sein könnten. Das will ich versuchen, wohl wissend, dass diese Zusammenfassung vereinfacht und Komplexität reduziert. (Ein Fotoprotokoll der Flips zu verschicken, erscheint mir aus mehreren Gründen nicht sinnvoll: weil die abfotografierten Flips sehr schlecht zu lesen sind, weil es sehr viele sind!, weil manche Aussagen sehr persönlich sind und weil manche Aussagen sich gar nicht mehr erschließen, weil sie aus dem Kontext genommen sind).

Generell lässt sich sagen:

Das Thema, die zunehmende Digitalisierung der Welt, die Frage wie das Digitale sich mit dem Analogen der KBT verknüpfen lässt, wie das eine in das andere hineinwebt, das hat Alle berührt und bewegt weit über die Tagung hinaus und weit in die tägliche KBT-Praxis hinein; und sei es nur dadurch dass das klassische KBT-Material (Seile, Bälle, Stäbe…) durch ein ausgedientes Handy ergänzt wird…

Sehr gut gelungen war das Zusammenspiel der Vorträge und der Workshops, die Wiederaufnahme und Weiterverarbeitung der Vortrags-Themen in den Kleingruppen. In den Vorträgen wurden viele Denkimpulse gegeben, die in den Gruppen erlebt, erfahren, be-handelt, weitergeführt werden konnten.

Die Tagung hatte einen Rahmen geboten, sich selbst (neu) zu erfahren, die eigene Haltung zu reflektieren, einen neuen Blick zu gewinnen, eine analoge Intensität zu erfahren, sich ermutigt zu fühlen, Patient*innen zu berühren, mutig neu zu denken, Resonanz zu erleben, die KBT-Grundprinzipien als stabiles Fundament zu wissen, die nicht stofflichen Süchte mehr in den Fokus zu nehmen – so einige der Aussagen).

Das Tagungs-Design, das ja nicht neu ist und schon seit vielen Jahren im wesentlichen weitergeführt wird, kam sehr gut an: der Wechsel von Vorträgen und workshops, -gemeinsam in einem Haus zu tagen, was bedeutet, Zeit zu haben für informelle Begegnungen, - das Fest, - der freie Nachmittag ( gemeinsam etwas Erleben),die Vielfalt, Buntheit und Frische der Vorbereiter*innen und Teilnehmer*innen…

Und im speziellen:

Der Grundlagen-workshop zum Thema „Berühren“ nahm in den Aussagen einen großen Stellenwert ein und hat sehr berührt!

Ebenso die Frage wie Intensität entstehen kann: analog, und durch Nutzung therapeutischer Mail-Kontakte, wie man online verbunden sein kann und/oder über einen Nähfaden in Verbindung kommt, das Narrative in der Email-Therapie und die mögliche hohe Emotionalität der Internettherapie, die Frage nach dem Sinn und dem Eigen-Sinn und zu sich kommen über die Sinne…

Ein neues Bewusstsein wurde angeregt für unseren Zeitgeist, für Verbindungen nach außen und nach innen, die Erkenntnis, dass im Leid alle Menschen gleich sind, zeitlich, räumlich, global, dass es einen Humanismus über Grenzen hinweg gibt…

Dass es wichtig ist, die eigene Arbeit zu beforschen!

Und die Erkenntnis, last not least, dass beim DJ ein Generationenwechsel ansteht: während die KBT-Frauen und -Männer immer jünger werden, ist er mit seiner Musikauswahl stehen geblieben…

Gibt es ein Fazit aus diesen Rückmeldungen?

Ich traue mich mal … :

  • Das Design der Tagung sollte unbedingt im Wesentlichen so erhalten bleiben. Besonders wenn es zwischen den Vortragsthemen und den Themen der workshops eine inhaltliche Verbindung gibt.
  • Vielleicht könnte ein workshop immer ein Grundthema der KBT aufgreifen,(wie bei der Jata das Thema Berühren)
  • Vielleicht ist es gut, sich beim Tagungsthema auch auf „kbt-ferne-Themen“ einzulassen, wie dieses Jahr, um festzustellen dass sie gar nicht so kbt-fern sind.

Und was denken Sie?