Brigitte Urban

geboren 21. März 1930 in Vorpommern - gestorben 16. Februar 2023 in Bonn

Geprägt durch traumatische Kriegserfahrungen in ihrer Jugend, mit Vertreibung und Flucht aus Vorpommern, hat Brigitte Urban als Erwachsene in Bonn-Röttgen eine neue Heimat gefunden. Hier hat Sie mit ihrer Familie (dem früh verstorben Ehemann + 2 Söhnen) gelebt und viele Jahre als KBT- Therapeutin und Supervisorin bis in ihre 80er Jahre gearbeitet. Für sie war es ein großes Glück dass sie bis zu ihrem Tod mit 93 Jahren, noch selbständig in ihrem Haus leben konnte.

Vom Grundberuf her war Brigitte DRK Krankenschwester, später kamen KBT- und TZI-Weiter- bildungen hinzu. Zusammen mit ihrem Ehemann, Arzt und Psychoanalytiker, entwickelte sie ein sehr wirksames Model der Paar-Gruppentherapie: 1,5 Std. analytische Gesprächsgruppe plus 1,5 Std., in denen die vorher angesprochenen Konfliktthemen in Bewegungsangeboten umgesetzt wurden.

Über die Lindauer Psychotherapietage kam die KBT bei einem Seminar von Helmut Stolze in ihr Leben. Sie begegnete u.a. Miriam Goldberg, Christine Gräff und Renate Schwarze, die sie motivierte, sich dem KBT-Arbeitskreis anzuschließen. Mitte der 70ger-Jahre Eintritt in den DAKBT-Verein. Die eigene KBT- Weiterbildung machte sie bei Elga Dilthey in Düsseldorf, wo sie u.a. auch Rose Brand kennen lernte, mit der sie viele Jahre zusammenarbeitete. Beide waren als Ausbilderinnen prägend für viele KBT- ler*innen „im Norden“, sodass u.a. ein aktiver KBT-Arbeitskreis-Rheinland in NRW entstehen konnte, dem sie bis an ihr Lebensende verbunden war.

Von 1978 bis 1990 war sie als KBT-Therapeutin in der psychiatrischen Tagesklinik Siegburg tägig. Theoretisch setzte sie sich in der Zeit insbesondere mit Ausdruckformen und Bedeutung von Abwehrmechanismen auseinander. Die Arbeit mit Borderline-Patienten machte sie 1986 zum Thema ihrer Theoriearbeit zur Lehrbeauftragen: KBT-Arbeit und deren methodische Aspekte bei der Behandlung von Borderline-Patienten auf dem Hintergrund des Theoriemodells von Christa Rohde- Dachser. Erschienen in Zeitschrift für Konzentrative Bewegungstherapie, Nr. 16 (1988) s. Homepage. Auf den Aachener Psychotherapietagen bot sie viele Jahre lang KBT-Einführungsseminare für Ärzte und Psychologen an, um KBT-Wirkfaktoren und den Bekanntheitsgrad der Methode zu verbreiten.

Schwerpunkt ihrer Lehrtätigkeit wurde die KBT-Supervision. Sie arbeitete nach einem klar strukturierten, 3-stufigen Supervisions-Konzept: Nach jeder Fallvorstellung wurden folgende Fragen an die Gruppenteilnehmer*innen gestellt: 1. Was hab ich gehört? Und was hab ich gesehen? 2. Was hab ich wo im Körper gespürt? 3. Welche Phantasien und inneren Bilder sind beim Zuhören entstanden? Die Rückmeldungen zu den einzelnen Fragen ermöglichten, über die verschiedenen Ebenen ein differenziertes und gleichzeitig mehrschichtigeres Bild der Patienten mit ihren jeweiligen Konfliktmustern zu gewinnen. Anschließend ging es darum, den Menschen und den Konflikt in einem Bewegungsangebot weiter zu erkunden, was half, ihn mehr zu verstehen, Ressourcen zu entdecken und neue Impulse für die Weiterbehandlung.

Neben den eigenen, langjährigen, festen Supervisionsgruppen in ihrem Praxis-Raum, im Keller ihres Bonner Hauses, war sie in verschiedenen Städten und Kliniken regelmäßig als KBT-Supervisorin tätig: - mehrere Jahre in Berlin / - rd. 20 Jahre in der Psychosomatischen Klinik in Bad Salzuflen / und rd. 25 Jahre in der Rhein-Klinik Bad Honnef. Sie hat viele Weiterbildungskandidat*innen und Zertifikatsinhaber*innen in Ihrer unmittelbaren Patientenarbeit unterstützt, die Rolle als KBT- Therapeut*in gestärkt und geholfen, mit den institutionellen Widrigkeiten in den Kliniken besser fertig zu werden. Zahlreiche KBT-ler*innen haben mit Brigitte Zulassungsgespräche geführt.

Brigitte hat vielfältige Spuren hinterlassen und es tat gut, sich im Kreis von KBT-Kolleg*innen an sie und ihren Einfluss auf den eigenen KBT-Weg zu erinnern und ihr die letzte Ehre auf der Beerdigung zu erweisen.

Renate Meyer – für den AK-Rheinland