Mit der KBT auf einer Reise zur Seele

Frau A. war Leistungssportlerin. Heute ist sie eine 38-jährige seit langem schwer depressive Frau, die wochenlang darin verharrt, monoton und klagend über ihre Gefühle zu berichten, nichts zu können und körperlich wie erstarrt zu sein.

Die Therapeutin hat es schwer, in ihr etwas in Bewegung zu bringen – vielmehr hält Frau A. die Therapeutin mit der Suche nach der geeigneten Zugangsweise auf Trapp. Eines Tages äußert die Klientin eine Phantasie: „Wenn Sie nur mit mir nach Norwegen reisen würden, um mit mir Biathlon zu trainieren. Dann würde ich bald eine zweite Liv Grete Poirrée – und fände sicher auch endlich einen so netten Mann.“ (Die Situation stammt aus der Zeit der Biathlon-WM in Norwegen.)

Daraus formuliert die Therapeutin ein KBT- Angebot: Aus verschiedenen Materialen lässt sie Frau A. ihre Phantasie in die Wirklichkeit umsetzen. Eine große helle Wolldecke symbolisiert die verschneite Landschaft, und aus Decken, Hölzern, Steinen und einem dicken Tau entsteht ein Reisevehikel. Die beiden steigen ein, die Fahrt kann beginnen, und die Klientin ist erstmals mit Freude dabei. Ihre Erzählung hinterher: „Ich habe schon lange nichts mehr gebaut. Dass Sie mit in meinen Bus eingestiegen und vor allem bis zum Schluss dabeigeblieben sind, war schön.“ Diese neue Erfahrung wird im reflektierenden Gespräch mit ihrem lebensgeschichtlichen Hintergrund verknüpft.

Es folgen zahlreiche Therapiesitzungen, zahlreiche Berg- und Talfahrten in einer Achterbahn des Befindens. Wiederholt äußert Frau A., sie drehe sich ja immer im Kreis, könne sich nie entscheiden. Daraufhin lässt die Therapeutin sie mit einem dicken Seil einen Kreis legen, in dem sich Frau A. dann dreht. Plötzlich taucht der zaghafte Impuls auf, aus diesem Kreis auszubrechen: Sie streckt eine Zehe über die Begrenzung. Die Therapeutin nimmt das Thema Sport wieder auf: „Oh – da kommt ein Fuß in die Zielgerade! Wird er es schaffen, das Rennen zu machen?“ Symbolisch überwindet Frau A. in der sich anschließenden Körperarbeit ihre innere Hemmung. Eine Woche später strahlt sie die Therapeutin an: Andrea hat für eine anstehende Reise einen neuen Pyjama gekauft: Ein „Blauer“ habe das Rennen gemacht.

Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie es ihr im weiteren Verlauf immer besser gelang, in der Therapie Erlebtes in ihren Alltag zu übertragen und aus der depressiven Erstarrung aufzutauchen, um sich dem Leben wieder zuzuwenden.

Über KBT:
Die „Konzentrative Bewegungstherapie“ (KBT) ist ein körperorientiert psychotherapeutisch arbeitendes Therapieverfahren. Der Deutscher Arbeitskreis für KBT hat seinen Schwerpunkt in der qualifizierten Weiterbildung und in der weitergehenden Beforschung der Methode. In Deutschland wird die KBT-Methode seit den 50er Jahren mit großem Erfolg stationär angewandt: Derzeit in 92 psychosomatischen Kliniken (der überwiegenden Zahl derartiger Einrichtungen), rund 260 Therapeutinnen und Therapeuten bieten KBT schwerpunktmäßig ambulant an. Über Landesgrenzen hinweg sind die Therapeuten in Belgien, Deutschland, Österreich, Italien, Schweiz, und der Slowakei auch im EAKBT (Europäischer Arbeitskreis für KBT) organisiert.

Abdruck honorarfrei, Beleg erbeten

pdfPressemappe_Fallbsp_Reisebus.pdf