Konzentrative Bewegungstherapie: Ausbildung und Anwendungsbereich. Eine empirische Untersuchung. Unveröffentliche Diplomarbeit, Universität Heidelberg [In gekürzter Form veröffentlicht: Goll, A. (1994). Konzentrative Bewegungstherapie, 23, 48-99]. 

Fragestellung / Hypothesen
Im wesentlichen: (1) Von wem wird KBT ausgeübt? Welche Qualifikationsmerkmale weisen KBT-Therapeuten auf? (2) Wie wird die Weiterbildung in KBT im Hinblick auf die Arbeitspraxis bewertet? (3) Was sind die Tätigkeitsfelder von KBT-Therapeuten? (4) In welchem äußeren Rahmen (Organisationsform und Therapie -Setting) ist KBT in den verschiedenen Arbeitsfeldern eingebunden? (5) Welchen Stellenwert nimmt KBT im Gesamtkonzept einer Institution ein? Wie schätzen überweisende Ärzte und Psychologen die Arbeit von KBT-Therapeuten ein? (6) Welche Indikationskriterien für die KBT spielen bei überweisenden Ärzten und Psychologen eine Rolle?

Stichprobe
176 KBT-Therapeuten (von 315 angeschriebenen), 34 Ärzte bzw. Psychologen (von 50 angeschriebenen) aus fünf psychosomatisch-psychotherapeutischen bzw. psychiatrischen Kliniken.

Untersuchungsdesign
Explorative Befragung im Rahmen einer Berufsfeldforschung.

Datenerhebungsverfahren
Fragebogen mit vorgegebenen Antwortkategorien und offenen Fragen; aus den Antworten zu letzteren wurden durch inhaltsanalytische Analyse Kategorien für die weitere quantitative Auswertung gewonnen.

Datenauswertungsverfahren
Deskriptivstatistische Datenanalyse, teilweise ergänzt mit inferenzstatistischen Verfahren zu Überprüfung von Abweichungen einzelner Untergruppen.

Ergebnis
(ad 1) 79.9% der KBT-Therapeuten sind Frauen, die Altersspanne erstreckt sich von 27 bis 72 Jahre (M = 43.7, SD = 10.2). Die Verteilung der Grundberufe der KBT-Therapeuten unterscheidet sich von den repräsentativen Erhebungen von Psychotherapeuten, da Medizin und Psychologie als Grundausbildungen nicht vorherrschend sind. 54% haben andere psychotherapeutische Weiterbildungen angefangen bzw. abgeschlossen. (ad 2) Die KBT- Weiterbildung wird vor allem mit dem Ziel der beruflichen Qualifizierung (24.8%), der Selbsterfahrung (23.4%) und des Erwerbs praktischer Fähigkeiten (22.6%) begonnen. Im Ergebnis führt die Weiterbildung vor allem zur Sensibilisierung und Differenzierung körperlicher Wahrnehmungsfähigkeit (25.3%), zum Erwerb praktischer Fähigkeiten (25.3%) und wird als Ergänzung eines eigenen therapeutischen Prozesses erlebt (20.1%). Auf einer Skala, die von “1 = gut vorbereitet” bis “6 = wenig vorbereitet” geht, wird die Weiterbildung im Durchschnitt mit 3.0 (SD = 1.27) in Hinblick auf die Anforderungen ihrer Arbeit von den KBT-Therapeuten bewertet, wobei sich die Absolventen der Weiterbildung wesentlich besser vorbereitet fühlen, als diejenigen, die sich noch in der Weiterbildung befinden. Hinsichtlich der Bewertung der einzelnen Ausbildungsabschnitte zeigt sich vor allem, dass die theoretische Ausbildung als unzureichend kritisiert wird (19.0%), der verbalen Aufarbeitung und Reflexion mehr Gewicht zukommen sollte (15.8%) und die Selbsterfahrung in KBT Selbstvertrauen für das eigene berufliche Handeln vermittelt (14.5%). (ad 3) In Institutionen arbeiten 52.6% der KBT-Therapeuten, 27.7% in freiberuflicher Praxis und 19.7% sowohl in Institutionen als auch in freiberuflicher Praxis. Bei den Institutionen handelt es sich vor allem um Psychosomatische Kliniken (30.3%) und Psychiatrische Kliniken (20.2%). Eine psychoanalytische Grundorientierung findet sich bei 62.6% der Institutionen, in denen KBT-

Therapeuten arbeiten. Einzeltherapie wird von 44.3% und Gruppentherapie von 55.7% der KBT-Therapeuten ausgeübt. (ad 4) Es werden Angaben zum institutionellen Kontext der KBT in psychosomatischen Kliniken, psychiatrischen Kliniken, Fachkliniken, Beratungsstellen und Ausbildungsschulen gemacht. Des Weiteren werden Merkmale zur Gestaltung des Settings von Einzel- und Gruppentherapie angeführt. Der Durchschnittswert für die Mindestanzahl von therapeutischen Kontakten beträgt für Einzeltherapie 23 Termine (in freien Praxen) bzw. 16 Termine (in Institutionen) und für Gruppentherapie 16 Termine. Als maximale Anzahl von therapeutischen Kontakten werden im Durchschnitt für Einzeltherapie 121 Termine (in freien Praxen) bzw. 76 Termine (in Institutionen) und für Gruppentherapie 46 Termine genannt. (ad 5) Aus Sicht der KBT-Therapeuten in Institutionen kommt der Stellenwert der KBT in ihrer Einrichtung auf einer Skala, die von “1 = sehr hoch” bis “6 = sehr niedrig” geht, im Durchschnitt ein Wert von 2.8 (SD = 1.5) zu. Der Stellenwert der KBT in psychoanalytischen Institutionen, in Einrichtungen, wo die KBT durch die Leitung eingeführt wurde, und in psychosomatischen Fachkliniken wird dabei signifikant höher angesiedelt. Ärzte und Psychologen in Institutionen mit KBT geben für den Stellenwert dieser im Durchschnitt auf obiger Skala einen Wert von 2.1 (SD = 1.1) an. (ad 6) Die Indikation zur KBT wird von überweisenden Ärzten bzw. Psychologen vor allem bei Vorliegen von Störungen des Körpererlebens (44.1%), bei intellektualisierender Abwehr (20.5%) und Störungen der präverbalen Konfliktebene (20.5%) gesehen.

Anmerkung
Seit 1993 ist eine neue Weiterbildungsordnung für die Ausbildung zum KBT-Therapeuten gültig, die zu einigen deutlichen inhaltlichen Veränderungen in der Ausbildung insbesondere in Hinblick auf die Vermittlung von Methodik und Theorie geführt hat.

pdfDAKBT_Goll_1989.pdf