Körperorientierte Bewegungsverfahren bei Suchterkrankungen im stationären Rahmen. Unveröffentlichte Bachelor Thesis. Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen, Abteilung Köln.

Fragestellung / Hypothesen
Es wird überprüft, inwieweit ein körperorientiertes Gruppenangebot in der stationären Entzugs- und Motivierungsbehandlung für Patienten mit einer Abhängigkeitserkrankung deren Körperwahrnehmung als auch Ressourcenaktivierung fördert und zu deren Wohlbefinden und Stabilisierung beiträgt. Das Gruppenangebot ist modular aufgebaut und besteht aus sechs Einheiten zu Themen wie Wahrnehmung der eigenen Körperhaltung, Sensibilisierung der Sinne und imaginative Reise zu den eigenen Stärken, wobei der Fokus auf die prozessuale Ressourcenaktivierung gelegt wird. Den konzeptionellen Hintergrund bilden sport- und bewegungstherapeutische Ansätze sowie die Integrative Bewegungstherapie und die KBT. Die Gruppe wurde wöchentlich für jeweils 45 Minuten von der Autorin, einer staatlich geprüften Gymnastiklehrerin/Sporttherapeutin, zusammen mit einer weiteren Sporttherapeutin angeboten.

Stichprobe
5 Patienten (davon 4 Männer) stationärer Entzugs- und Motivationsbehandlung, die das körperorientierte Gruppenangebot zusätzlich zum Standardprogramm erhielten. Eine Alkohol- oder Cannabisabhängigkeit war die Hauptdiagnose. Die Gruppenteilnahme war freiwillig. Die Patientenstichprobe besteht aus denjenigen Patienten zweier Gruppen von 8 bzw. 6 Teilnehmern, für die ein kompletter Datensatz vorlag.

Untersuchungsdesign
Prospektive Studie mit zwei Erhebungszeitpunkten (vor der ersten Einheit des körperorientierten Gruppenangebots [t1] und nach Beendigung der körperorientierten Gruppe [t2]). Drei Patienten einer Gruppe füllten zudem einen Stundenevaluationsbogen nach jeder Einheit aus.

Datenerhebungsverfahren
Von der Autorin entwickelter Fragebogen mit Items zu den verschiedenen therapeutischen Zielbereichen des körperorientierten Gruppenangebots, ergänzt mit Fragen zur Beurteilung der stationären Behandlung für den Erhebungszeitpunkt t2, sowie ein ebenfalls von der Autorin entwickelter Stundenevaluationsbogen.

Datenauswertungsverfahren
Inferenzstatistischer Vergleich der Fragebogendaten zu t1 und t2 sowie deskriptive Auswertung der Häufigkeitsverteilungen für die Items im Stundenevaluationsbogen und den Items zur rückblickenden Beurteilung der stationären Therapie..

Ergebnis
Es werden für 7 Items des Fragebogens zu den Zielbereichen Unterschiede zwischen den beiden Erhebungszeitpunkten beschrieben. Keine der erzielten Wahrscheinlichkeiten für die Testwerte erreicht das übliche Signifikanzniveau von p<.05; diese liegen vielmehr im Bereich zwischen p=.053 und p=.116. In den Stundenevaluationsbögen wurden Besserungen im Körperempfinden, im Körpergefühl und im Selbstvertrauen benannt. Rückblickend wurde das körperorientierte Gruppenangebot als zusätzliches Element der stationären Behandlung von den Patienten gut angenommen..

Anmerkung
Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine Pilotstudie, in der ein bewegungstherapeutisches Manual mit Elementen aus der KBT in zwei Gruppen erprobt wurde. Einige Gruppenteilnehmer brachen die Behandlung in der Gruppe vorzeitig ab bzw. füllten die Fragebögen nicht aus. Es finden sich hierzu allerdings keine genauen Angaben, um wie viele Gruppenteilnehmer es sich dabei jeweils handelte und was die Gründe hierfür waren. Dies relativiert die positiven Angaben der Gruppenteilnehmer, die die Fragebögen ausgefüllt haben, da fraglich bleibt, ob die anderen Gruppenteilnehmer das körperorientierte Gruppenangebot eher negativ erlebt haben. Die extrem kleine Stichprobe lässt eine inferenzstatistische Auswertung (insbesondere mit einem parametrischen Test) nicht als sinnvoll erscheinen. Zudem erscheinen die statistischen Angaben hierzu fehlerhaft zu sein (z.B. unterschiedliche p-Werte bei identischen t-Werten). Anhand der Angaben zu den Mittelwerten und Standardabweichungen lassen sich Effektstärken als geeignete deskriptive Kennwerte berechnen. Diese liegen für die sieben Items im Bereich von ES=0,00 (kein Effekt) bis ES=0,69 (mittlerer Effekt). Da das Untersuchungsdesign aber keine Kontrollgruppe vorsah, lässt sich nicht abschätzen, ob die dargestellten Effekte tatsächlich auf das körperorientierte Gruppenangebot oder vielmehr auf die stationäre Behandlung insgesamt zurückzuführen sind. Ein weiteres methodisches Problem stellt die Verwendung von neu entworfenen Fragebögen dar, denen keine empirische Testkonstruktion zugrunde liegt. So bleibt offen, ob mit den einzelnen Items tatsächlich die intendierten Zielbereiche erfasst werden.