Konzentrative Bewegungstherapie und Ich-Erleben. Eine Veränderungsmessung an psychosomatischen PatientInnen. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Universität Wien.

Fragestellung / Hypothesen
Führt KBT in der stationären Behandlung psychosomatisch erkrankter Patienten zu einer Veränderung des psychischen und körperlichen Ich-Erlebens (Selbstbild, Körpererleben, Ich- Funktionen) und der Befindlichkeit? Welche Ergebnisse zeigen sich diesbezüglich bei Patienten mit Ess-Störungen? Haben Merkmale des Erlebens, des sprachlichen Ausdrucks und der Beziehungsfähigkeit in der KBT eine Bedeutung in Hinblick darauf, welche Bedeutung die KBT für Patienten erhält?

Stichprobe
59 Patienten (76% Frauen) einer psychosomatischen Abteilung (mit den Erstdiagnosen 61% Ess-Störungen, 14% Angststörungen, 10% depressive Episoden, 8% Somatisierungsstörungen, 3% Konversionsstörungen, 3% Persönlichkeitsstörungen), von denen 30 Personen durchschnittlich 24 Stunden KBT als Gruppenbehandlung über einen Zeitraum von acht Wochen erhielten.

Untersuchungsdesign
Experimentelles Design mit Prä-Post-Messung und randomisierter Zuweisung: Stationäres Behandlungsangebot mit verbaler Einzel- und Gruppentherapie, Mal- und Musiktherapie einschließlich (Untersuchungsgruppe) und ohne KBT-Gruppenbehandlung (Kontrollgruppe).

Datenerhebungsverfahren
Prä-Post-Messung mit dem Gießen-Test (GT; Beckmann, Brähler & Richter, 1990), dem Rorschach-Test (Rorschach, 1994) mit Auswertungsmethodik nach Exner (1993), dem Fragebogen zur Beurteilung des eigenen Körpers (FBeK; Strauß & Richter-Appelt, 1995), der Befindlichkeitsskala (Bf-S; Zerssen, 1976a) sowie zusätzliche Post-Erhebung bei der Untersuchungsgruppe mit dem neu konstruierten Fragebogen zur persönlichen Einschätzung der KBT.

Datenauswertungsverfahren
Deskriptiv- und inferenzstatistische Auswertung.

Ergebnis
Bezüglich des Selbst- (GT) und Körpererlebens (FBeK) ergeben sich sowohl für die Kontroll- als auch KBT-Gruppe keine Veränderungen im Verlauf der Behandlung. Eine Ausnahme bildet die Grundstimmung (GT), die sich sowohl in der KBT- als auch Kontrollgruppe signifikant verbessert. Ebenfalls verbessert sich die Befindlichkeit in der KBT-Gruppe, hingegen nicht in der Kontrollgruppe. Hinsichtlich der Ich-Funktionen (Rorschach-Test) ist eine erniedrigte Impulskontrolle (X+%) in der KBT-Gruppe festzustellen, die sich in der Kontrollgruppe nicht findet; für die Indizes zum Widerstand (Lamda), Ich-Schwäche (EEI) und Qualität der Objektbeziehungen (HEV) sind weder in der KBT- noch Kontrollgruppe Veränderungen zu finden. Teilweise differentielle Ergebnisse ergeben sich für Patienten mit Ess-Störungen: Die essgestörten Patienten der KBT-Gruppe zeigen am Ende der Behandlung einen erhöhten Widerstand (Lamda), geringere Ich-Schwäche (EEI) und verbesserte Objektbeziehungen (HEV), was für diejenigen Patienten der Kontrollgruppe nicht nachgewiesen werden kann. Im Fragebogen zur persönlichen Einschätzung der KBT ergeben sich signifikante Korrelationen für diejenigen Items, die inhaltlich Aspekte des Erlebens, des sprachlichen Ausdrucks und der Beziehungsfähigkeit in der Gruppe erfassen. Insbesondere die Items “Öffnen gegenüber anderen in Form von Körperbewegungen”, “Umgang mit Nähe und Distanz in der Gruppe” sowie “Bewusstmachen unklarer Erlebnisse und Wahrnehmungen durch Gespräche” weisen einen hohen Zusammenhang zur Einschätzung der Bedeutsamkeit der KBT auf (Rho > 0.70). Die KBT wird von 60% der Patienten neben der verbalen Einzeltherapie (93%) als hilfreichstes Therapieform im Rahmen der stationären Behandlung betrachtet; Maltherapie (27%), Gesprächsgruppentherapie (23%), Musiktherapie (13%) und Autogenes Training (3%) kommt hingegen eine geringere Bedeutung zu. Essgestörte Patienten sprechen der verbalen Einzeltherapie sowie der KBT mit 100% bzw. 79% eine noch deutlichere Präferenz zu.

Anmerkung
Von der Autorin werden die von ihr in den Tabellen angegebenen signifikanten Ergebnisse zur Grundstimmung (GT) und zur Impulskontrolle (Rohrschach-Test: X+%) nicht interpretiert. Eine Interpretation der Ergebnisse zu den Rohrschach-Indizes ist aufgrund deren Mehrdeutigkeit erschwert. So werden z.B. mit dem Extended-Form-Quality-Index (X+%) atypische Stimuliverarbeitungsweisen erfasst, die neben mangelnder Impulskontrolle auch auf Denk- und Wahrnehmungsstörungen, Demonstration eigener Individualität, mangelnde Realitätsprüfung oder Aufmerksamkeit beruhen können.

pdfDAKBT_Wernsdorf_1998.pdf