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Ergebnisse: KBT in Zeiten von Corona

Liebe Kolleg*innen,

im Rahmen der Internationalen Fachtagung für Konzentrative Bewegungstherapie in Wiesbaden fand am 12.11.2021 eine Diskussionrunde zum Thema "KBT in Zeiten von Corona: Was hat sich verändert - was bleibt?", moderiert von Ute Backmann und Roland Brückl, statt. Hier die Ergebnisse:

Auswertung der Diskussionsrunde „KBT in Zeiten von Corona“

Methode: Open Space in der Großgruppe

Zunächst wurde in einer kurzen Einführung durch die/den Moderator*in auf die bisherigen wissenschaftlichen Ergebnisse der Mitgliederbefragung und des Fachartikels „Der Sinn in der Berührung“ (Zeitschrift ktb, 9.Jg.2021, S. 62-72, Ernst Reinhardt Verlag München) zur Thematik hingewiesen. Anschließend wurden die Teilnehmer*innen der Veranstaltung gebeten, zu vier Clustern zur Gesamtthematik, ihre Gedanken offen zu formulieren, auf „Mind-Karten“ zu schreiben und diese auf die entsprechend vorbereiteten Metaplantafeln zu heften. Dabei konnten/sollten sie bereits mit den Personen Kontakt aufnehmen, die sich vor der gleichen Metaplantafel eingefunden haben, so dass ein erster kreativer unspezifischer Austausch angeregt wurde.  Die Bewegung im Raum - hin zu anderen Aspekten der Thematik – wurde durch die räumlich distanzierte Verteilung der Metaplantafeln im Gesamtraum als wesentlicher Aspekt der offenen dynamischen Begegnung, des persönlichen Austausches sowie der Methode  realisiert. An der Veranstaltung nahmen 54 KBT-Kolleg*innen teil, alle Expert*innen für Körperpsychotherapie. 

Thematische Überschrift: KBT in Zeiten von Corona

Auswirkungen auf:

  1. Die Weiterbildung
  2. Das Vereinsleben
  3. Die Methode
  4. Das therapeutische Arbeiten in Kliniken und Praxen

Nach Abschluss dieser Phase des Brainstormings wurden die Aspekte/Gedanken/Ideen zu den jeweiligen thematischen Untergruppen von der/dem Moderator*in gebündelt und vorgetragen und so der Großgruppe zugänglich gemacht.

Ziele:

  1. Sich ein umfangreiches Meinungsbild vereinsaktiver Personen zu machen.
  2. Hinweise für den Vorstand hinsichtlich vereinsrelevanter Themen aufzuzeigen.
  3. Das Gremium der Lehrbeauftragten für die Themen der Weiterbildungskandidat*innen zu sensibilisieren.
  4. Die durch die Pandemie hervorgerufenen Veränderungen für die KBT anzuerkennen und hinsichtlich der Adaption unserer Methode sowohl proaktiv als auch bewahrend zu reagieren (Tradition trifft auf gesellschaftliche Realität).
  5. Die besondere Bedeutung unserer Methode vor dem körperpsychotherapeutisch-psycho-dynamischen Hintergrund im Kontext der Pandemie zu benennen und zu publizieren.

Zusammenfassung der Ergebnisse:

Alle Äußerungen auf den „Mind-Karten“ wurden gesammelt und transkribiert.  Es gab eine unter-schiedliche Zahl an Rückäußerungen zu den einzelnen Punkten.  Zu Punkt I Weiterbildung gab es 28 Rückäußerungen, zu Punkt II Vereinsleben 13, zu Punkt III Methode 21, zu Punkt IV therapeutisches Arbeiten mit KBT in Kliniken und Praxen 47. Bei Punkt III und Punkt IV gab es einige inhaltliche Überschneidungen.

Punkt I: Auswirkungen auf die KBT-Weiterbildung

Fazit: Die Corona-Pandemie stellte und stellt eine große Herausforderung für die KBT-Weiter-bildung dar. Es wird der fehlende Austausch und der Verlust von persönlicher Nähe und persönlichem Kontakt beklagt. Die KBT-Weiterbildung kann durch ausgefallene und verschobene Seminare nur eingeschränkt und mit Planungsunsicherheit fortgeführt werden, insbesondere im Bereich der Weiterbildungsbausteine Beobachtung und Co-Leitung besteht ein ausgeprägter Mangel aufgrund des Zutrittsverbots für externe Personen in klinischen Einrichtungen. Dies gilt auch für klinische Praktika. Positiv vermerkt werden neue Angebote wie das Literaturprojekt und die Nutzung digitaler Medien wie Supervisionen per Zoom.

Punkt II: Auswirkungen auf das Vereinsleben

Fazit: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Vereinsleben des DAKBT waren insbesondere im Jahr 2020 beträchtlich, da Jahrestagung und Mitgliederversammlung ausfallen mussten. Die Vernetzung der Mitglieder hat darunter gelitten. Es war nachvollziehbar schwierig, neue Kontakte zu knüpfen und alte Kontakte zu halten. Allerdings wird auch im Blick auf das Vereinsleben die Möglichkeit von Videokonferenzen als hilfreich erlebt, da sich Wege verkürzen und neue Begegnungen möglich werden. Es wird allerdings angemerkt, dass die Begegnungen mehr auf der intellektuellen Ebene stattfinden und die Körperlichkeit abnimmt (ggf. nicht nur durch Nutzung digitaler Möglichkeiten, sondern auch durch social und physical distancing).

Punkt III: Auswirkungen auf die Methode

Fazit: Bei dieser Frage gibt es Überschneidungen zu Punkt IV (Auswirkungen auf das thera-peutische Arbeiten in Kliniken und Praxen). Es wird – wie schon zu Beginn der Pandemie – deut-lich, dass die stationären Einrichtungen sehr unterschiedlich auf die Pandemie reagiert haben. So gibt es an manchen Kliniken nur noch KBT-Einzeltherapie, an anderen Kliniken gibt es keine KBT-Einzeltherapie mehr. Sehr einschränkend wird das Verbot (an einigen Kliniken) erlebt, KBT-Gegenstände einzusetzen und auch die starke Kontrolle aufgrund von Hygienevorschriften wird bedauert. Ganz besonders werden Berührungsangebote vermisst, die zum Teil völlig wegfallen oder nur noch höchst eingeschränkt möglich sind. Aber – wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch (Hölderlin) – eine/ein Kolleg*in schreibt: „Mit Worten Berühren und Halt geben“. Das Arbeiten in konstanten Gruppen erlebten die Kolleginnen als positiv, das Arbeiten mit reduzierten Gruppengrößen wird als Vorteil und Nachteil gesehen. Die Kolleg*innen müssen den Ablauf der Gruppen mehr planen, die gruppendynamische Entwicklung tritt in den Hintergrund. Die KBT-Gruppen werden zum Teil als oberflächlicher wahrgenommen, da die Stabilisierung der Patient*innen im Vordergrund steht. In den KBT-Gruppen scheint während der Pandemie die basale, strukturierte Körperarbeit wieder mehr Gewicht bekommen zu haben und den KBT-Kolleg*innen gelang auch im weiteren Verlauf der Pandemie ein kreativer Umgang mit schwierigen Situationen. 

Punkt IV: Auswirkungen auf das therapeutische Arbeiten mit KBT in Kliniken und Praxen

Fazit: Bei dieser Frage gibt es Überschneidungen zu Punkt III (Auswirkungen auf die Methode). Bereits unter Punkt III genannte Punkte sind daher hier nicht mehr aufgeführt. Das Thema „Berührung in der Pandemie“ wird mehrfach angesprochen. Als zweites großes Thema geht es um das Tragen von Masken und die dadurch eingeschränkte Wahrnehmung der Mimik, aber auch den psychologischen Schutz den die Maske ängstlichen Patient*innen bietet. Auch hier haben die Kolleg*innen eine Idee: „Mit den Augen sprechen“. Es wird der veränderte Umgang mit Nähe, Distanz und Grenzen benannt, also Kernthemen der KBT. Die schwierige Situation von Patient :innen, die kein soziales Netz haben und sich schwertun ein soziales Netz aufzubauen, wird angesprochen. Ebenso wird thematisiert, dass sich die Versorgung der Patientinnen durch die Schließung von Tageskliniken und den weitgehenden Wegfall ambulanter Gruppen, auch von KBT- Gruppen) dramatisch verschlechtert hat. Auch die ambulanten KBT-Kolleg*innen sind davon zum Teil existentiell betroffen. Die klinisch tätigen KBT-Therapeut*innen leiden unter dem Wegfall kollegialer Kontakte in Teambesprechungen und Supervisionen. Es wird beschrieben, dass KBT- Therapeut*innen zu einem Rollenwechsel gezwungen sind: Von der/vom Therapeut*in zum „Erzieher*in“. Auch im Punkt IV zeigt sich wieder die große Flexibilität der KBT-Kolleg*innen in der Pandemie: Es wird mehr mit „KBT outside“ (also in der Natur) gearbeitet und KBT als Tele- psychotherapie entdeckt und durchgeführt.

Heppenheim/Ravensburg, 16.01.2022

Ute Backmann und Roland Brückl

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