Voller Begeisterung möchte ich von der Sommerakademie berichten, die vom 25. Juli bis 1.August 2015 an der Universität Witten-Herdecke zum Thema „Grenze – von hier aus gemeinsam" stattfand. Ich konnte dort die KBT in einem Vertiefungs-Workshop und einem Schnupperkurs präsentieren. Die Geschichte der Sommerakademie begann im Jahr 2010. Unterstützt vom „Integrativen Begleitstudium Anthroposophische Medizin" hatten Studierende Fragen und Möglichkeiten einer integrativen Medizin erörtert. Daraus entwickelte sich die Initiative „Medizin mit Herz und Hand". Die Gründung der Initiative entsprang dem Bedürfnis der Studierenden, voneinander und miteinander zu lernen. Sie suchten einen Einblick in unterschiedliche medizinische Systeme und Therapieverfahren zu gewinnen und deren Begegnung in Respekt und Gleichberechtigung zu ermöglichen. Sie beschäftigen sich mit Grundsatzfragen der Medizin und fördern den Austausch zwischen den Universitäten. Bereiche, die an anderen Universitäten völlig fehlen, werden zu Schwerpunktthemen, z.B. das Erlernen von Empathie, dialogische Fähigkeiten im Umgang mit Patienten und Kollegen, die Reflexion eigenen Handelns oder der persönlichen Motivation.

Sommerakademie
Sommerakademie

 

So bietet die Sommerakademie eine Orientierung in der Vielfalt der Therapieansätze und fördert die Entwicklung persönlicher Schwerpunkte. Dieses Jahr ging es um mögliche Grenzen der eigenen Kompetenz, Grenzen als Anknüpfungs- und/oder Berührungspunkte im Sinne einer ganzheitlichen Betreuung der Patienten und u. a. um die Fähigkeit sich abgrenzen zu können. Außerdem sollte die Einbettung in ein gesundheits- und gesellschaftspolitisches System diskutiert werden ebenso wie die Frage nach der Definition von Gesundheit und Krankheit.

Die rund 200 vorwiegend jungen Studentinnen der Medizin oder Psychologie kamen aus ganz Deutschland und waren zumeist in höheren Semestern oder hatten gerade ihr Studium beendet. Sie entwickeln Visionen von einer anderen Art der Zusammenarbeit und wollen eher den Menschen als nur "den Patienten" in den Blick nehmen. So entstehen Netzwerke und Projekte, die sich gegen eine hierarchische Struktur wenden und das Interesse an einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zum Wohle der Patienten verbindet alle.

Die Begegnung mit diesen besonderen jungen Menschen war zutiefst beeindruckend für mich. Ich habe sie als wach, offen, kreativ, begeisterungsfähig, im besten Sinn „erfahrbereit" erlebt und entschlossen, etwas zu verändern. So entstand eine Atmosphäre quirliger Lebendigkeit, von Freiheit und Aufbruch, der ich in dieser Intensität lange nicht begegnet bin. Sie wurde auch durch ein Zeltlager auf den Campuswiesen bei z.T. Regen und kühlen Temperaturen nicht irritiert.

Sommerakademie
Sommerakademie

 

Die Woche fand in lebendigem Wechsel von kreativen Angeboten und thematischen Gruppen statt: z.B. im Patientenplenum mit integriertem Plenarvortrag. Eine Patientin wurde jeden Tag in einem anamnestischen Interview aus der Sichtweise einer anderen Schule betrachtet - der Schulmedizin, der Homöopathie, der Osteopathie und der Alexandertechnik. Am Freitag ging es dann um die Gemeinsamkeiten und Grenzen der jeweiligen Fachrichtungen und um die Frage: kann für die Patientin ein gemeinsames Behandlungskonzept erarbeitet werden?

Es gab 5-tägige Vertiefungsworkshops sowie Schnupperworkshops zu den unterschiedlichsten Themen: z.B. Anthroposophie, Musik und Mensch, Tanztherapie, Homöopathie, Biographiearbeit, Arzt-Patienten-Interaktion der Palliativmedizin – und eben auch der KBT. Ein großes Angebot im „Freiraum" beschäftigte sich auf leichte Weise mit dem Tagungsthema: so hatten z. B. ein Schminkstand und Bodypercussion den Körper und die Körpergrenzen als Thema.

In Impulswerkstätten wurden die Erfahrungen der Kurse, Begegnungen und Vorträge zusammengetragen und Visionen entwickelt für neue Projekte und Netzwerke, die der Weiterentwicklung der Medizin und einer Medizin mit menschlichem Antlitz dienen können.

Das große Interesse an der KBT war überraschend und erfreulich für mich. Während der ganzen Woche gab es immer wieder den Wunsch in die Kurse nachzurücken. Gerade das diesjährige Thema war offenbar besonders geeignet, die Wirkungsweise der KBT aufzuzeigen und führte zu einer lebhaften differenzierten Annahme der unterschiedlichen Angebote. Der mehrfach geäußerte Wunsch der TeilnehmerInnen nach einer Fortführung im kommenden Jahr ist denkbar. Auch eine persönliche Vertiefung bei dem einen oder anderen unserer KBT-Seminare. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass wir mit unserer Methode in diesem Rahmen einen sinnvollen Beitrag leisten können bei der Suche der Studierenden nach neuen Wegen. Es bleibt zu hoffen, dass in ein oder zwei Jahrzehnten die jetzt „jungen Suchenden" an Positionen im Gesundheitswesen sein werden, an denen sie Veränderungen im Sinne der Integration bewirken können.


Bericht und Fotos: Doris Werner