Die 20. und letzte Forschungswerkstatt des DAKBT in Bad Honnef mit dem Titel „Perspektiven der (Körper-) Psychotherapie“ begann am Freitagnachmittag in gewohnter Weise mit der Begrüßung durch Jutta Kruse für die Rhein-Klinik und Rosemarie Gässler für den DAKBT. Es hatten sich über 80 TagungsteilnehmerInnen angemeldet, so dass die Forschungswerkstatt zum ersten Mal in die große Halle nach nebenan umzog. Jutta Kruse würdigte das Vergangene, nämlich 14 Jahre KBT-Forschungswerkstatt in der Rheinklinik mit vielen unterschiedlichen Vortragenden, Veröffentlichungen und Öffentlichkeitsarbeit: die Rhein-Klinik wurde von innen sichtbar gemacht. Weiterhin wies sie darauf hin, dass der Bedarf an KBT-TherapeutInnen steigen wird, da durch das neue Abrechnungssystem PEPP (Pauschaliertes Entgelt Psychiatrie/Psychosomatik) die KBT als Spezialtherapie ein fester Bestandteil der psychosomatischen Komplexversorgung geworden ist.

K P Seidler
K.-P. Seidler
R. Schrack Frank
R. Schrack-Frank

Klaus-Peter Seidler von der DAKBT-Forschungsgruppe führte anschließend in das Thema ein und gab dabei einen kurzen Überblick über das Programm der folgenden zwei Tage. Er schaute auch noch einmal zurück auf seinen fiktiven Brief an den Vorstand von 2008 mit Visionen für die Zukunft und überprüfte diese, inwieweit seine damaligen Vorhersagen eingetreten sind. Wichtig war ihm hierbei zu erwähnen, dass die Forschungsgruppe weiter existieren wird, es sich aber noch zeigen muss, wie es mit der Forschung im DAKBT in der Zukunft weitergehen wird. Die Moderation der Tagung übernahm wie gewohnt Regina Schrack-Frank.

Röhricht
F. Röhricht
B Strauß
B. Strauß

Den Anfang machte Frank Röhricht mit seinem Vortrag „Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen für die Körperpsychotherapie – die internationale Perspektive“. Er plädierte dafür, überhaupt erst einmal eine gemeinsame Innenperspektive für die Körperpsychotherapie (KPT) zu entwickeln, die Praxis, Theorie und Forschung miteinschließt. In seinem Vortrag führte er dann folgende Aspekte näher aus: die neuen theoretischen Paradigmen wie bspw. das Embodiment, eine Systematik der KPT, aktuelle Forschungsergebnisse sowie die berufspolitische Verortung der KPT. Abschließend stellte er seine Überlegungen zum „Quo vadis“ der KPT zur Diskussion.

Nach einer kurzen Pause folgte Bernhard Strauß mit seinem Vortrag über die „Aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen für die Psychotherapie. Wo gibt es einen Platz für die Körperpsychotherapie?“. Er wies erst einmal darauf hin, dass Psychotherapie (relativ) wirksam ist, dass sich aber TherapeutInnen in ihrer Effektivität deutlich unterscheiden und dass die Technik eher einen geringen Einfluss zu haben scheint. In der Psychotherapieforschung scheint es zu einer Trendwende gekommen zu sein, welche mehr den Blick auf die Praxis und neuerdings auch auf die PatientInnen selbst wirft. Es kommen vermehrt Feedbackfragebögen zum Einsatz, bei denen es darum geht, von den PatientInnen eine direkte Rückmeldung zum Therapieverlauf zu erhalten. Studien zeigen, dass TherapeutInnen und PatientInnen die Therapie häufig unterschiedlich empfinden, erleben und einschätzen. Der Körperpsychotherapie empfahl er im Zuge der geplanten Reform der akademischen Ausbildung zum Psychotherapeuten, einen Fuß in die Ausbildung zu bekommen. Zum Ende seines Vortrags formulierte er klar, dass momentan die Körper- und Bewegungstherapie im teilstationären und stationären Klinikbereich nicht wegdenkbar ist.

Schreiber Willnow
K. Schreiber-Willnow
Plenum 4
Plenum

Karin Schreiber-Willnow fragte in ihrem Beitrag „Wie müssen wir uns verändern, um uns treu zu bleiben? Fachliche und berufspolitische Perspektiven der Konzentrativen Bewegungstherapie“. Dabei blickte sie zurück auf 20 Jahre Forschungswerkstatt und stellte Überlegungen an, in welcher Art und Weise dieses Format weitergeführt aber auch verändert werden kann. Sie ordnete die Werkstatt als eine „Communitiy of Practice“ ein, die als Einheit konstant bleibt, sich aber in ihrer Praxis verändert. Die Mitgliederanzahl im DAKBT und auch die jährlichen Neueintritte blieben konstant, das Durchschnittsalter derer, die mit der Weiterbildung beginnen, wurde aber höher. Durchschnittlich sind momentan die Menschen, die den Weg zur KBT-Weiterbildung finden, 46 Jahre alt. Dies könnte bedeuten, dass es bei der Entscheidung zur KBT-Weiterbildung nicht mehr um einen Berufswunsch oder Berufswechsel geht, sondern eher um eine Erweiterung und Vertiefung für den bestehenden Beruf sowie um eine Persönlichkeitsentwicklung. Des Weiteren stellte sie die Frage, ob wir uns weiter um wissenschaftliche Anerkennung bemühen sollen und ob die Weiterbildung in einer veränderten Bildungslandschaft auch einer Veränderung bedarf. Was zum Beispiel brauchen jüngere KBT-Interessierte? Die geplante Kleingruppenarbeit musste aufgrund der etwas weit fortgeschrittenen Zeit mit in die Pause genommen werden, so dass die Impulse aus den vorangegangenen Vorträgen in eher lockeren Gesprächen bei Kaffee und Gebäck aufgegriffen wurden.

Eberhard Kächele
M. Eberhard-Kächele
Plenum 1
Plenum

Den Abschluss des ersten Werkstatttages bildete Marianne Eberhard-Kächele: „Traumatherapie als Herausforderung für die Körperpsychotherapie“. Sie gab einen kurzen Überblick über die verschiedenen Arten von Traumata und ihre Folgen und wies darauf hin, dass sich die Körperpsychotherapie in der Traumabehandlung in einem Dilemma befindet, da der Körper der Tatort mit vielfältigen Folgen ist. Gleichzeitig sei die KPT aber auch eine Chance, denn es handele sich um einen ganz besonderen Zugang zu den Schlüsselsymptomen. Wichtig sei die größtmögliche Kontrolle, Sicherheit und Mitbestimmung und die Anerkennung des Leids und nicht die Wiedergutmachung.

 

FoWe Gruppe Blumen

Dank an die Forschungsgruppe

 

Nach einem gemeinsamen Abendessen würdigten Ute Backmann und Clara Scheepers-Assmus die Arbeit der Forschungsgruppe, die 20 Jahre diese Werkstatt geplant und durchgeführt hatte, mit vielen Dankesworten und einem wunderschönen Blumenstrauß für jeden. Nicht nur die aktuelle Forschungsgruppe wurde dabei bedacht, sondern auch die Initiatoren Linda Leopold-Lackner und Roland Brückl sowie die langjährige Moderatorin Regina Schrack-Frank. Wer nun nach diesem langen und vollen Tag noch etwas Bewegung brauchte, ging in den Gewölbekeller zum Tanzen.

Epner
A. Epner
Ralf Nickel 2
R. Nickel

Ralf Nickel startete in den Samstagmorgen mit seinem Vortrag „Aktuelle Entwicklungen in der psychosomatischen Schmerztherapie – und was kann die KBT dazu beitragen“. Er machte den engen Zusammenhang von Emotionen und Schmerzen deutlich und kritisierte die Dominanz der Schmerzmittel in der Behandlung. Nickel betonte die Bedeutung der KBT in der Behandlung von somatoformen Schmerzerkrankungen. Er bemängelte die nicht ausreichende wissenschaftliche Evidenz, war aber überzeugt, dass es möglich ist, die Wirksamkeit von KBT zu belegen, und verwies dabei auf eine Studie, bei der 50 % der Patienten nach einer intensiven körperpsychotherapeutischen Behandlung schmerzfrei waren. Wichtig u.a. seien das Experimentieren und der Erfahrungsraum in der KBT, Gefühle wahrzunehmen und zu differenzieren sowie die Möglichkeit der Selbstwirksamkeitserfahrung. Eine Grundvoraussetzung für eine gute Behandlung sei aber die Zusammenarbeit im Team und die individualisierte Behandlung.

Silja Falkenhagen
S. Falkenhagen
Ralf Nickel
R. Nickel

Im Anschluss ergänzte Silja Falkenhagen diese theoretischen Darstellungen mit einem Bericht über ihre praktischen Erfahrungen in der Behandlung von SchmerzpatientInnen. Sie machte deutlich, was für die therapeutische Haltung und die therapeutische Beziehung wichtig ist und gab zum Schluss einige ganz konkrete Hinweise für das Vorgehen in der KBT mit PatientInnen, die an chronischen Schmerzen leiden.

Klaus-Peter Seidler berichtete von den ersten Ergebnissen der aktuellen Studie der Forschungsgruppe. Es geht um die Entwicklung eines neuen Therapiebeurteilungsfragebogens, bei dem es sowohl um die Wirkfaktoren als auch um die Wirksamkeit der KBT-Gruppenbehandlung aus PatientInnensicht geht. Es wird zum Ende der Therapie erfasst, was den PatienInnen in der KBT geholfen hat und was bedeutsam für sie war. Es zeigt sich, dass PatientInnen in ihrer Beurteilung der KBT-Gruppenbehandlung sowohl verfahrensbezogene Aspekte (positive Effekte bzgl. des Körpererlebens, mit der KBT etwas anfangen können) als auch verfahrensübergreifende Aspekte (Erfahrungen mit der Gruppe und den Therapeuten, Selbstwirksamkeitserleben) berücksichtigen und unterscheiden.

Plenum KreisFishbowl

Den Abschluss der Werkstatt bildete ein Fishbowl, bei dem es noch einmal einen Rückblick auf 20 Jahre Forschungswerkstatt gab, aber auch einen Ausblick, wie es weitergehen könnte. Einige derjenigen, die in den letzten Jahren an der Forschungswerkstatt beteiligt waren, kamen zu Wort und ließen die Zuhörer an ihren Erfahrungen und Erinnerungen teilhaben. Am Ende des Fishbowls ergriffen einige aus dem Kreis der TagungsteilnehmerInnen das Wort, die Lust haben, die Tradition der Werkstatt in irgendeiner Weise fortzuführen. Wir sind gespannt und danken an dieser Stelle noch einmal allen WerkstattteilnehmerInnen für ihre Treue und aktive Teilnahme in den vergangenen Jahren.

Text: Alexandra Epner, Swantje Grützmacher
Bilder:  Andrea Balcerzak, Almut Krämer