ein methodenübergreifendes Kompendium

Herausgegeben von Wolfgang Senf, Michael Broda und Bettina Wilms
336 S., Thieme Verlag, Stuttgart 2013

 

Dieses Werk versteht sich als Ergänzung zu dem Buch „Praxis der Psychotherapie" von Senf und Broda, sowie der Zeitschrift PID (Psychotherapie im Dialog), beide erscheinen im Thieme Verlag.
Während die verschiedenen wissenschaftlichen Theorien und unterschiedlichen Erfahrungsbilder in der „Praxis der Psychotherapie" beschrieben sind und sich die Zeitschrift PID um den Dialog mit der Methodenvielfalt in der psychotherapeutischen Landschaft bemüht hat, werden in dem vorliegenden Buch nun die „unterschiedlichen Methoden, Verfahren, Techniken und Settings als differenzielle psychotherapeutische Kompetenzen" vorgestellt, mit dem Ziel, diese Methodenvielfalt in den psychotherapeutischen Alltag zu integrieren.

Das Buch ist in sechs Teile gegliedert: Teil I und VI sind Grundlagen bzw. Rahmenbedingungen gewidmet, die Teile II – IV befassen sich mit allgemeinen ressourcen-, problem- bzw. emotionsorientierten Therapietechniken, Teil V stellt 20 spezielle Therapietechniken vor und damit die größte Anzahl an Therapieformen. Hier wird auch die KBT beschrieben, aber dazu später. Die einzelnen Therapien werden in kurzen übersichtlichen Kapiteln von 4 – 8 Seiten vorgestellt, die wiederum unterteilt sind, z.B. in: Definition, Zielsetzung, Indikation, Beschreibung der Vorgehensweise usw.

Gleich zu Beginn überrascht das Buch sehr positiv mit einem Kapitel über Werte und die Bedeutung einer Auseinandersetzung mit ihnen sowohl für die Therapeuten bezüglich ihrer eigenen Werthaltungen, als auch für die den Therapieprozess begleitenden und sich verändernden Wertsetzungen der Patienten. Im zweiten Kapitel des ersten Teils werden von den Herausgebern zunächst die Grundlagen von Psychotherapie beschrieben, die sog. Richtlinienverfahren einander gegenübergestellt und Themen wie Problem- und Ressourcenorientierung, Anforderung und Bewältigung behandelt. Im Mittelpunkt steht das Thema „Therapeutisches Handeln", welches nach Auffassung der Autoren aus vier Schritten besteht: Erkennen, Verstehen, Handeln und Evaluieren. Diese werden sehr anschaulich mit Fallbeispielen dargelegt wird. Abgerundet wird dieses Kapitel durch eine praxisnahe Beschreibung von Anamneseerhebung und der Beziehungsdimension im Erstkontakt, welche auch Stimme, Mimik und Körperausdruck beinhaltet.

In Teil II, dem Abschnitt über allgemeine ressourcenorientierte Therapietechniken werden 13 verschiedene Ansätze beschrieben, das Spektrum reicht von Stressbewältigungstraining über Achtsamkeit, Fantasiereisen und Rollenspiel bis zu Genogrammarbeit, Reframing oder Arbeit mit Glaubenssätzen. Teil III befasst sich mit allgemeinen problemorientierten Therapietechniken. Hier werden 10 Techniken vorgestellt, u.a. die Technik des zirkulären Fragens, die Technik des Deutens, Traumdeutung nach C.G. Jung, kognitive Umstrukturierung und Psychoedukation. Allgemeine emotionsorientierte Therapietechniken finden sich in Teil IV, hier seien Systemaufstellungen, Expositionstraining und EMDR als drei von insgesamt fünf Ansätzen genannt.

In Teil V, den „Speziellen Therapietechniken" werden u.a. Katathym Imaginative Psychotherapie, Autogenes Training, PMR, Kunst-, Musik- bzw. Sozialtherapeutische Techniken, Hypnotherapie, Biofeedback sowie Gesundheitsrelevante Internetnutzung beschrieben. Besonders sei das Kapitel „Psychoanalytisch begründete Körperpsychotherapien" erwähnt. Hier wird nach einer allgemeinen Einführung über Indikation, theoretische Grundlagen und Wirkprinzipien von körperbezogenen Psychotherapien als einzige die KBT namentlich benannt und ausführlich vorgestellt. Der Autor, Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, erweist sich einmal mehr als profunder Kenner der Konzentrativen Bewegungstherapie, der unserem Verfahren eine hohe Wertschätzung entgegenbringt. Bereits in der Einführung unterscheidet er sehr genau zwischen Körpertherapien und körperbezogenen Psychotherapien und räumt mit dem Begriff „non-verbale Therapie" auf. In seiner Beschreibung der KBT können wir uns sehr gut wiederfinden; wohltuend, dass sich die KBT nicht unter einer technischen Überschrift befindet. Einzig wäre anzumerken, dass nicht beide Worte des Eigennamens großgeschrieben sind und die Konzentrative Bewegungstherapie im Sachverzeichnis nicht als Stichwort auftaucht. Dies könnte in einer 2. Auflage des Buches sicher ohne Schwierigkeiten geändert werden.

Mit den Rahmenbedingungen in der Psychotherapie in Teil VI schließt das Buch ab. Das Kapitel: „Praktische Hinweise für den therapeutischen Alltag" gibt Hinweise zu Setting, Zeitraster, Bezahlung aber auch zur Dokumentationspflicht, Therapieelementen wie z.B. Zielsetzung und Besprechung des Therapieprozesses sowie zu Professionalität und typischen Problemsituationen für Anfänger. Im Kapitel „Geschlechtsspezifische Einflüsse in der Psychotherapie" wird die Frage des Einflusses der Geschlechtszugehörigkeit auf den Psychotherapieprozess diskutiert. Die Kapitel zur Antragstellung, Gutachten, Versorgungsstrukturen mit Schnittstellen psychotherapeutischer Versorgung sowie Psychotherapie und Pharmakotherapie runden den Band ab.

Zusammenfassung
Mit diesem Buch wird ein in den Details kurzer aber dafür sehr umfassender und sehr gut strukturierter Blick in die unterschiedlichen psychotherapeutischen Methoden, Verfahren und Settings gegeben. Der etwas sperrig anmutende Titel und das Cover mit einem virtuellen Kopf, in den Schlüssel hineinfliegen, lassen zunächst den etwas mechanistischen Eindruck entstehen, dass es lediglich der richtigen Therapieform bedarf, die zu einem Patienten passt, wie ein Schlüssel zum Schloss. Dieser Eindruck wird jedoch gleich im ersten Kapitel über die Werte revidiert. Gleichwohl finde ich die Wortwahl „Technik", die sich durch das Buch zieht, nicht immer glücklich gewählt. Mit den Grundlagen zu Beginn und den Rahmenbedingungen am Ende des Buches werden nicht nur die Therapien selbst in den Mittelpunkt gerückt, sondern auch alle anderen praxisrelevanten Parameter alltagsnah dargestellt. Darüber hinaus eignet sich das Buch sehr gut als Nachschlagewerk für die unterschiedlichen Verfahren. Das Buch erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit der psychotherapeutischen Verfahren und ist mit 48 genannten Verfahren schon sehr umfangreich, dennoch fehlen aus meiner Sicht wichtige Vertreter der Körperpsychotherapie wie z.B. Funktionelle Entspannung oder Bioenergetik. Der stolze Preis von 79,99 € ist sicher gerechtfertigt, will aber auch investiert sein. Dem Thieme Verlag herzlichen Dank für die Zusendung eines Belegexemplars.

Kathinka Kintrup