Warum leiden manche Menschen unter Rückenschmerzen, obwohl sich kein körperlicher Grund dafür finden lässt? Zu Beginn unterscheiden sich ihre Schmerzen kaum – doch während sie bei einigen Betroffenen nach wenigen Wochen wieder abklingen, quälen sich die anderen weiter damit. Ein Forscherteam aus den USA berichtet nun im Fachmagazin „Nature Neuroscience“, dass bestimmte Unterschiede im Gehirn dazu beitragen, ob ein Rückenschmerz wieder abklingt oder chronisch wird. „Zum ersten Mal können wir erklären, warum Menschen, die zu Beginn die gleichen Schmerzen haben, entweder wieder gesund werden oder chronische Schmerzen entwickeln“, sagt der an der Studie beteiligte Forscher Vania Apakarian von der Northwestern University in Chicago. Die Verknüpfung zweier Hirnregionen spielte demnach eine entscheidende Rolle. Je besser der sogenannte Nucleus accumbens und der präfrontale Cortex verknüpft waren, desto größer war das Risiko, dass sich der Kreuzschmerz zum Dauerleiden entwickelte. Die Hirnbereiche sind an Lernprozessen und der Verarbeitung von Gefühlen beteiligt.

Die Forscher interpretieren das wie folgt: Je stärker das Gehirn emotional auf eine Verletzung beziehungsweise die anfängliche, akute Pein reagiert, desto eher bleiben die Schmerzen bestehen, wenn die Ursache längst verschwunden ist. Der Schmerz brennt sich quasi in einem fehlgeleiteten Lernprozess ein.

Wie diese Prozesse beeinflusst werden können, dazu schreibt Christa Baier in der Zeitschrift für Konzentrative Bewegungstherapie (2007) in ihrem Artikel „KBT ermöglicht Begreifen von psycho-physischem Zusammenwirken bei chronischen Schmerzen“: „In der Konzentrativen Bewegungstherapie kann psycho-physisches Zusammenwirken in sozialer Bezogenheit mit dem Therapeuten/der Therapeutin für den Patienten erlebbar, so zugänglich, begreifbar und veränderbar werden“. Erklärend dazu einige Anmerkungen von Ralph Blunk, Chefarzt Psychosomatik der Parkklinik Bad Rothenfeld (aus: Lehrbuch der Konzentrativen Bewegungstherapie, Schattauer 2006) „Das rasch lernende situative Gedächtnis speichert einmalige Ereignisse bei nicht überflutender, aber hoher emotionaler Beteiligung effizient ab. Dies dürfte dafür sprechen, dass therapeutische Verfahren wie die Konzentrative Bewegungstherapie, die komplexe multimodale Erfahrungsräume schaffen bei einem mittleren Level von Sicherheit und Verunsicherung, hocheffiziente Lernbedingungen bieten“.

(SPIEGELONLINE vom 02.07.2012)