„Üben ohne Übung“. Eine objektiv hermeneutische Analyse eines konzentrativ bewegungstherapeutischen Forschungsprojekts. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Institut für Psychologie, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg.

Fragestellung / Hypothesen
Die Forschungsgruppe des DAKBT hatte zur Beurteilung von therapeutischen Prozessen in der KBT Prozess-Skalen entwickelt und eine DVD produziert, die visuelle Ankerbeispiele für diese Skalen zur Verfügung stellen sollte. Hierfür wurden kurze KBT-Gruppentherapie-Sequenzen von KBT-Therapeuten gespielt, die die Rolle von fiktiven Patienten übernahmen. Die Studie geht der Frage nach, inwieweit diese gespielten Gruppentherapie-Sequenzen tatsächlich den therapietheoretischen Konzepten der KBT entsprechen. Im Einzelnen werden dabei folgende Fragestellungen untersucht: (a) Welche Kommunikationsstruktur herrscht zwischen Therapeutin und Patienten? Bleibt diese gleich, oder unterliegt sie einem Wandel? (b) Inwiefern gibt es eine Übereinstimmung zwischen den theoretischen Konzepten der KBT und den Ergebnissen aus der Feinanalyse? (c) Inwiefern gibt es eine Übereinstimmung zwischen dem spezifischen Konzept der KBT-Gruppensitzung und den Ergebnissen aus der Feinanalyse?

Stichprobe
Drei Filmsequenzen von vier bis acht Minuten Länge, die hypothesengeleitet ausgewählt wurden.

Untersuchungsdesign
Analogstudie mit qualitativer Kommunikationsanalyse.

Datenerhebungsverfahren
Transkription der drei Filmsequenzen, wobei eine Segmentierung der Sequenzen und Indizierung der Interakte vorgenommen wurde.  

Datenauswertungsverfahren
Als Methode der qualitativen Inhaltsanalyse kam die objektive Hermeneutik zur Anwendung. Diese erlaubt anhand geringer Textmengen, Aussagen über latente Sinnstrukturen zu formulieren. Die transkribierten Filmsequenzen wurden durch eine fünfköpfige Interpretengruppe gemäß den Prinzipien der objektiven Hermeneutik analysiert.

Ergebnis
Die Feinanalyse der Kommunikationsstruktur zwischen Therapeutin und Gruppenteilnehmern zeigt eine ausgeprägte Asymmetrie. Der Kommunikationsstil der Therapeutin ist führend und bestimmend. Die Gruppe verhält sich ihr gegenüber folgend und ausführend. Es herrscht eine distanzierte Beziehung zwischen der Therapeutin und den Gruppenteilnehmern. Das sprachliche Verhalten sowohl der Therapeutin als auch der Gruppenteilnehmern wirkt meist unnatürlich, unlebendig und aufgesetzt wie in einer inszenierten Interaktion. Dieser Kommunikationsstil unterliegt in den untersuchten Stellen keinem Wandel. Nur zum Teil lassen sich strukturelle Merkmale in der Kommunikation nachweisen, die den theoretischen und praxeologischen Konzepten der KBT im Allgemeinen und zum Aufbau einer KBT-Gruppenstunde im Speziellen entsprechen. 

Anmerkung
Anders als von der Autorin in ihrer hypothetischen Fallstruktur angenommen, war es nicht primäres Ziel der Forschungsgruppe des DAKBT, mit den gefilmten Gruppentherapiesequenzen eine realistische Darstellung des therapeutischen Handelns in der KBT zu liefern oder den Ablauf einer Gruppenstunde darzustellen. Vielmehr war die Darstellung der Ausprägung verschiedener Skalenstufen der KBT-Prozess-Skalen im Verhalten und den Aussagen von Patienten intendiert. Insofern führt die Analyse der Kommunikationsstruktur nicht unerwartet zu dem Ergebnis, dass die theoretischen und praxeologischen Konzepte nur begrenzt in den untersuchten Sequenzen wiederzufinden sind. Die Vorgabe für die Rollen übernehmenden KBT-Therapeuten, die verschiedenen Skalenstufen und nicht ihr eigenes Erleben darzustellen, dürfte ein wesentlicher Grund für die unnatürlich wirkende Interaktion sein.

pdfDAKBT_Koeck_2010.pdf