Trauer um Lucie Lentz

Am 3.01.2015 starb Lucie Lentz in Lenggries. Geboren wurde sie am 30. Juli 1915 in München. Die ersten 10 Jahre ihres Lebens wuchs sie in der Nähe von Prag auf. Die letzten drei Jahre ihres Lebens verbrachte sie im Pflegeheim. Die körperliche Schwäche verbunden mit dem Verlust der Sehkraft und ihrer lang erhaltenen Selbstständigkeit, erlebte sie bewusst und klagte zunehmend offen darüber.

Lucie Lenzt

„Jeden Tag neu beginnen" ist der Titel ihres Buches, das 2003 herauskam. Wesentlich war ihr, mit sich selbst in Berührung zu kommen: Zu Beginn des Tages und vor der Begegnung mit den Menschen, die zu ihr kamen. Das vermittelte sie sowohl ihren Patienten als auch Kolleginnen.

Die künstlerische Atmosphäre in ihrem Elternhaus motivierte sie dazu, Schauspielerin zu werden. 1940 heiratete sie den Schauspieler und Maler Reinhard Lentz. Beide arbeiteten an der Bühne in Göttingen. Ihr ältester Sohn wurde geboren. In dieser Zeit begegnete sie der Psychologin und Atemtherapeutin Margarete Mhe. Die persönliche Erfahrung mit Margarete Mhe war grundlegend für ihr weiteres Leben. 1952 wurde ihre Tochter geboren. 1953 hielt sie sich für eine Physiotherapie-Intensiv-Ausbildung für kurze Zeit in Hamburg auf. Sie kehrte aus Hamburg zurück und die Ausbildung bei Margarete Mhe ging 1954 auf dem Knapphof weiter.

1954 eröffnete sie gegenüber vom Knapphof ihre eigene Praxis. Die Basis dafür bildete die Atemarbeit. Ihre einzigartige Weise mit den Menschen über den Atem in Kontakt zu treten, war eine Therapie, die durch konkrete Berührung wirkte. 1963 während der Lindauer Psychotherapiewochen, nahm sie an einem Kurs bei Helmuth Stolze und Miriam Goldberg teil. In einer festen Gruppe bei Helmuth Stolze wurden ihr die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse mit den KBT-Angeboten wesentlich. In Kirchberg begann die tiefe Freundschaft mit Miriam Goldberg, einer besonderen KBT-Pionierin aus Israel. Sie leiteten Gruppen miteinander. Lucie Lentz hat sich in ihrem Leben einer Vielzahl von Einflüssen ausgesetzt, sie nährte sich aus mehreren Quellen. So entwickelte sich ein eigener Weg. Die von ihr erfahrene Atemarbeit bei Margarete Mhe verband sie mit der Methode der Konzentrativen Bewegungstherapie. Wesentlich war ihr, den Menschen anzunehmen, wie er ist, dadurch sein Vertrauen zu gewinnen und die individuelle Lebensspur zu finden. Lucie Lentz ließ sich führen und verstand sich mit all ihrem Wissen auch als Werkzeug. Ihre Haltung war von Akzeptanz und Achtung geprägt. Diese Achtung brachte sie sich selbst entgegen, auch in ihrer Art aufrecht auf einem harten Stuhl oder Hocker zu sitzen.

In den letzten Jahren ihrer praktischen Tätigkeit hatte sie ihr Wohnzimmer geöffnet. Die Matte lag auf dem Boden, daneben Kugeln, Kissen, ein langes Seil aus Strumpfhosen geflochten, ein Balancekreisel, schwere Steine, Sandsäcke, zwei große weiche Stoffbälle. Das waren Gegenstände, die sie verwendete, das wichtigste jedoch waren ihre schönen Hände, mit denen sie berührte. An den Wänden waren die selbstgefertigten Masken und Ölbilder ihres verstorbenen Mannes zu sehen. Orchideen blühten neben anderen Pflanzen auf der Fensterbank. Der Blick nach draußen führte in ihren geliebten Garten, den sie lange Zeit selber pflegte, sie kannte jede Blume, die Verbindung zur Natur war essentiell für sie. In der Zeit im Pflegeheim, als sie noch stehen und gehen konnte, empfing sie ihre Gäste aufrecht und fest auf dem Boden stehend mit einem Stock, bescheiden und würdevoll.

Am zweiten Januar war sie noch beim Friseur, am frühen Abend des dritten Januar schlief sie ein - für immer. Ein Satz von Lucie Lentz bleibt mir besonders im Gedächtnis: „ Es ist nicht so ganz einfach aber es gibt jeden Tag etwas Neues"

Renate Schwarze


Lehrbeauftragte für Konzentrative Bewegungstherapie
München
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