In Gedenken an Thea Schönfelder

Frau Prof. Dr. med. Thea Louise Schönfelder
Psychiaterin und Hochschullehrerin
* 16. März 1925 † 25. Juli 2010

Der DAKBT trauert um Frau Prof. Dr. med. Thea Schönfelder, die am 25. Juli 2010 im Alter von 85 Jahren verstorben ist. Sie war die erste Frau, die in Deutschland auf einen Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie berufen wurde, wirkte als Ärztliche Direktorin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und gilt als Pionierin von Familientherapie, Aufstellungsarbeit und Konzentrativer Bewegungstherapie (KBT).

Wir verlieren mit Ihr eine starke Frau, die die Gründung des Vereins unterstützt und mitgetragen hat. Frau Schönfelder war eine eindrucksvolle Persönlichkeit mit scharfem Verstand und einem großen Herzen, die viele Jahre in der Weiterbildung als Lehrbeauftragte und Supervisorin tätig war und sich im Verein auch ehrenamtlich als 5chriftführerín engagiert hat. Unsere Erinnerung an Frau Schönfelder wird lange lebendig bleiben.

Der Vorstand

Erinnerungen an Thea Schönfelder


Von Renate Schwarze

Ziehende Landschaft

Man muss weggehen können

Man muss weggehen können

und doch sein wie ein Baum:

Als bliebe die Wurzel im Boden,

als zöge die Landschaft und wir stünden fest,

Man muss den Atem anhalten,

bis der Wind nachlässt und die fremde Luft um uns zu kreisen beginnt,

bis das Spiel aus Licht und 5chatten

von Grün und Blau die alten Muster zeigt

und wir zuhause sind,

wo es auch sei,

und niedersitzen können und uns anlehnen,

als sei es an das Grab

unserer Mutter.

Dieses Gedicht von Hilde Domin verbinde ich mit Thea Schönfelder. Sie rezitierte es auf einem Spaziergang im Tagungsort Kloster Kirchberg. Dort versammelten wir uns zu KBT-Gruppen, die von Ursula Kost geleitet wurden. Hier fand auch die Vorbereitung zur Gründung des DAKBT statt. Ich sehe Thea Schönfelder als engagierte Schriftführerin in den Anfängen unseres Vereines, sehe ihre lebendigen Augen in dem fein geschnittenen Gesicht, höre ihre geschliffene Sprache. Wir trafen uns auch in Lübeck bei den Psychotherapietagen und saßen im Orgelkonzert nebeneinander. Sie konnte sich berühren lassen und berührte. Ich erlebte ihre warmherzige offene Art und die kritische kühle Seite ihres Wesens.

Thea Schönfelder Ieitete in München eine Kolleginnen-Supervisionsgruppe und ich lernte von ihr, Skulpturen aus Menschen zu bilden, um Positionen deutlicher zu erkennen. Vor meinem ersten Vortrag im DAKBT saß sie neben mir und wärmte meine Hand. Die Begegnungen mit Thea Schönfelder haben unauslöschliche Spuren hinterlassen und ich erinnere mich mit Dankbarkeit an sie.

Meine Erinnerungen an Thea Schönfelder


Von Anemone Carl

Die Farbe Sonnengelb steht am Beginn meiner Freundschaft mit Thea und sie steht auch an deren Ende. Wir lernten uns in einem 5elbsterfahrungskurs in Kirchberg in den 70er Jahren kennen; für uns beide war es, glaube ich, eine der ersten Erfahrungen mit der KBT. Ich kannte niemanden aus der Gruppe und erst allmählich begann ich, einzelne Personen zu identifizieren. Dabei fiel mir in einer der ersten Sitzungen eine Frau auf, die beglückt lächelnd auf dem Rücken lag und einen sonnengelben Pezziball umarmte - Thea.

Sie hatte für mich in dieser Gruppe selbst etwas Strahlendes und das tat mir wohl. Spätere Begegnungen zeigten mir dann auch andere Facetten ihrer Persönlichkeit z. B. ihre Stärke, Klugheit und auch ihre Unbestechlichkeit im Urteil. Aber auch als wir uns durch meinen Umzug nach Hamburg 2002 öfters und nicht nur im Rahmen der KBT begegneten, erlebte ich immer wieder ihre Wärme, die sie ausstrahlte.

Als ich zu ihrer Trauerfeier Ende Juli zu der Friedhofskapelle in Ohlsdorf kam, hatte ich Sonnenblumen mitgebracht und sah, dass viele andere dies auch getan hatten und so strahlte auch da noch dieses Sonnengelb uns Zurückbleibende an.

Ganz persönliche Erinnerungen an Thea Schönfelder


Von Linda Leopold-Lackner

In meiner Erinnerung an Thea mischen sich Erlebnisse aus der KBT-Weiterbildung sowie der Supervision aber auch ganz private aus der Zeit nach ihrer Berufstätigkeit. Mein beruflicher Weg wäre ohne Thea mit Sicherheit völlig anders verlaufen. Ich bin dankbar für die vielen Gespräche und die Zeit, die ich mit ihr verbringen konnte.

Als ich 1981 von Berlin nach Hamburg zog, war ich noch keine begeisterte Hamburgerin, sondern habe Berlin nachgetrauert. Was aber die KBT anbelangt, gab es einen Lichtblick - Im KBT-unterversorgten Norden gab es Thea Schönfelder. Ich hatte sie schon in Kirchberg auf einer Jahres- tagung kennengelernt und später mein Auswahlgespräch für die Zulassung zur Weiterbildung mit ihr geführt. Sie war streng, aber sehr wohlwollend und anregend und ich mochte ihre direkte Art.

Nun freute ich mich darauf, näheren Kontakt haben zu können und wollte ganz viel von ihr lernen. Das ist dann auch geschehen. Ich habe einen großen Teil meiner Weiterbildung bei Thea gemacht und dabei ihre klare und offene Art verbunden mit ihrem Humor sehr geschätzt. Ich habe eine Haltung der Wertschätzung für andere kennengelernt, die ich ganz wichtig für die therapeutische Arbeit aber auch für das Miteinander überhaupt empfinde.

Nach Abschluss der Weiterbildung hat sich dann neben der beruflichen auch eine freundschaftliche Beziehung entwickelt, für die ich sehr dankbar bin. Thea hat nicht nur meinen beruflichen Werdegang sehr geprägt und mich in entscheidenden Momenten immer wieder ermutigt, mich an neue Aufgaben heranzuwagen, sondern auch in familiären Krisen war sie eine zuverlässige und liebevolle Begleiterin. Als zum Beispiel meine ältere Tochter krank war, kam Thea sofort zu uns, um uns zu beraten und hat uns an einen sehr guten Kinderneurologen vermittelt, der meine Tochter über die Jahre behandelt hat.

Leider habe ich nur wenige Fotos von Thea, aber ich mag besonders diese beim „Drachen- steigen-lassen" von 1990 auf Langeoog am Rande der Psychotherapiewoche. Durch Thea habe ich einen neuen Zugang zu Lyrik erfahren. Zu meinem ersten Geburtstag nach dem Tode meines Mannes hat sie mir ein Gedicht von Hilde Domin geschickt - eine Dichterin, die sie sehr mochte:

Auf der Seite des Mondes gehen in goldene Kleider gehüllt

deine wirklichen Tage.

Sie wohnen, wie sonst Du, in Helle.

Verscheucht von hier, weggescheucht wandeln sie dort.

Du weißt, es sind Deine.

Aber Du empfängst Morgen nach Morgen ihre Stellvertreter,

fremder als jedes fremde Land.

Du weißt, die Deinen wandeln in Helle.

Sie ziehen Tag um Tag neben Dir her,

nur auf der anderen Seite des Mondes.